Wir kennen es aus dem Fußball: Überlegt der Torhüter, ob er auf der Linie picken bleiben soll oder nicht, darf er den Ball Sekunden später aus dem Netz holen. Wer im entscheidenden Moment denkt, also zögert, verliert. Empirisch überprüft, von zahlreichen Sportlern bestätigt. Mit überdurchschnittlicher Intelligenz hat das alles gar nichts zu tun, eher mit Unsicherheit und unzureichenden Automatismen.

In der Vorbereitung auf den Wettkampf ist Intelligenz sicher kein Hindernis, im Gegenteil. Analyse und Reflexion sind essenziell, um die eigene Leistung zu verbessern und ein taktisches Verständnis zu entwickeln. Unter dem Strich kann man also getrost sagen: Die von Markus Rogan aufgestellte Theorie ist Unsinn, weniger denkfähige Sportler sind nicht automatisch für größere sportliche Erfolge prädestiniert.

Die Zusammenhänge im Sport sind wesentlich komplizierter, als Rogan sie darstellt. Erfolg kennt viele Faktoren. Armin Assinger, den Rogan für schlau hält, stand wohl weniger seine überragende Intelligenz als die technisch bessere Konkurrenz im Wege. Das müsste Rogan eigentlich wissen. Auch, dass man Assinger die Antworten bei der "Millionenshow" im Vorfeld gesteckt hat.

Vielleicht wollte sich Rogan nur absichern: Gewinnt er eine Medaille, lässt er sich feiern. Gewinnt er keine, hat er zumindest eine gute Ausrede. Dann ist er einfach zu intelligent für sportlichen Erfolg. Eine vermeintliche Win-win-Situation. Ganz kann diese Rechnung aber nicht aufgehen. Rogan und Erfolg, da war doch was, ein ganzer Koffer Medaillen nämlich. Hält sich Rogan für nicht denkfähig oder für mäßig erfolgreich? Ersteres ist auszuschließen.

Möglicherweise zählt sich Rogan also gar nicht "zu den richtig guten Sportlern". Diese Unzufriedenheit im Glanz zahlreicher Pokale, dieses Denken im weltweiten Maßstab wird wohl eines seiner Erfolgsgeheimnisse sein. Das trennt ihn von vielen österreichischen Sportlern und verbindet ihn dann doch mit den Größten. Mehr als manch leerer Gedanke. (Philip Bauer, derStandard.at, 31.7.2012)