Bild nicht mehr verfügbar.

Peter Seisenbacher freut sich als Judo-Coach über Georgiens Goldene.

Foto: APA/ Hochmuth

Mit blutender Oberlippe winkte der georgische Judoka Lascha Schawdatuaschwili nach seinem gewonnenen Finalkampf in der Klasse bis 66 kg ins Publikum. Das Siegeslächeln war dadurch keinesfalls getrübt, höchstens ein bisschen rot eingefärbt. Mitfreuen durfte sich einer, der den Überraschungscoup des 20-Jährigen als Trainer hautnah an der Matte miterlebt hat: Doppelolympiasieger Peter Seisenbacher war über die Selbstständigkeit seines Schützlings angetan. "Während des ganzen Turniers musste ich bei ihm nur eines reinschreien: Mach so weiter!"

Sein Know-how hat Seisenbacher den georgischen Judoka mit hartem Training in den Bergen Vorderasiens schon vor London weitergegeben. Seit 2010 ist er Headcoach, das Engagement des 52-jährigen Wieners kam zufällig zustande. Die Georgier hatten mit einer Regeländerung im Judo - dem Verbot direkter Beingreifer - zu kämpfen. Keinem der Funktionäre wurde zugetraut, die Athleten umzustellen. Also wurde ein Ausländer geholt.

Die Vita Seisenbachers ist herausragend. Er ist der überhaupt erste Judoka, der zwei olympische Goldmedaillen en suite (1984 in Los Angeles, 1988 in Seoul) gewinnen konnte. Der Welt- und Europameister wurde dreimal zu Österreichs Sportler des Jahres (1984, '85, '88) gewählt und 1996 mit dem Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ausgezeichnet.

Nach seinem Rücktritt war Seisenbacher von 1989 bis 1992 Generalsekretär der Sporthilfe. 1991 wurde er als Verbandskapitän des österreichischen Judoverbandes (ÖJV) für ein Jahr gesperrt, weil er einem Judoka bei einem Turnier nach einer Diskussion eine Ohrfeige verpasste. Dem Sport blieb Seisenbacher als Coach erhalten, von 2005 bis 2010 war er Trainer des Wiener Judo-Landesverbandes, ehe ihn der Ruf aus Georgien ereilte. Wird sein Vertrag nicht verlängert, könnte sich Seisenbacher einen Job in einem Judo-Entwicklungsland vorstellen. Der gelernte Goldschmied warnt: "Ich hasse Silber." (David Krutzler, DER STANDARD, 31.7.2012)