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Flashmob im Klagenfurter Landhaushof: In Kärnten wächst der Druck auf die Freiheitlichen, Neuwahlen so rasch als möglich durchführen zu lassen.

Foto: apa/Eggenberger

Klagenfurt - Möglicherweise hat Dietrich Birnbacher gar nicht damit gerechnet, dass seine beiden Geständnisse im Hypo-Untreueprozess um sein Millionen-Honorar und um illegale Parteienförderungen eine solche Sprengkraft entwickeln könnten. Der Steuerberater und sein langjähriger persönlicher Klient, Ex-VP-Chef Josef Martinz, der ebenfalls gestand und seinen Posten räumen musste, haben die gesamte Kärntner Regierungsmannschaft von FPK und ÖVP als Teil eines Korruptionskomplotts belastet. Neuwahlen dürften in Kärnten damit nicht mehr fern sein. Der Zorn in der Kärntner Bevölkerung vor allem auf die in den Parteispendenskandal verwickelte FPK-Regierungsmannschaft wächst. Und auch die neue geschlossene Opposition von SPÖ, ÖVP und Grünen hat ihren Druck erhöht.

Die drei Parteien brachten am Montag einen weiteren Antrag für einen Sonderlandtag ein, auf dem der gemeinsame Neuwahlantrag im Plenum beschlossen werden soll. Der Sonderlandtag muss ja binnen acht Tagen von FPK-Landtagspräsident Josef Lobnig einberufen werden.

Ob das zunächst angekündigte Ausstiegsszenario von FPK-Abgeordneten aus dem Landtag zwecks Neuwahl-Blockade tatsächlich schon bald eintreten wird, ist fraglich. Denn die starre Abwehrfront gegen Neuwahlen beginnt bei der FPK sichtlich zu bröckeln.

Da mag wohl auch die Androhung der Oppositionsparteien Wirkung gezeigt haben, ab sofort jede Woche bis zur regulären Landtagswahl 2014 einen solchen Sonderlandtag einzuberufen. In diesem Fall müssten die FPK-Abgeordneten 80-mal aus dem Landtag ausziehen, rechnet SPÖ-Chef Peter Kaiser vor: "In dieser Deutlichkeit dürften auch der Herr Landeshauptmann Gerhard Dörfler und der Herr Parteiobmann Uwe Scheuch erkannt haben, was sie diesem Land antun." Das könnten "selbst diese Herrn in dieser Form nicht lange aufrecht erhalten", meint Kaiser. Die logische Konsequenz seien daher sofortige Neuwahlen. Der frühestmögliche Termin wäre nach Anrechnung aller Fristläufe der 30. September 2012.

Verwirrspiel um Neuwahlen

Landeshauptmann Gerhard Dörfler und FPK-Chef Uwe Scheuch hatten am Wochenende zunächst ein Verwirrspiel um vorgezogenen Neuwahlen veranstaltet. Erst müssten alle Skandalsümpfe in Kärnten trockengelegt werden sowie rechtskräftige Urteile der hoch belasteten FPK-Regierungsmannschaft vorliegen, hieß es. Damit wollte man sich offenbar zunächst bis zu den Wahlen 2014 hinüberretten. Massive Rücktritts- und Neuwahlforderungen, auch von Bundesseite, waren die Folge.

Jetzt rudern Dörfler und Scheuch zurück und können sich plötzlich vorverlegte Kärntner Wahlen vorstellen - allerdings erst im kommenden Frühjahr oder Herbst. Scheuch wartete mit dem Vorschlag auf, 2013 die Kärntner Landtags- mit den Nationalratswahlen zusammenzulegen. Doch auch dafür gibt es von den Oppositionsparteien eine klare Absage.

"Kein fauler Kompromiss"

"Bei Korruption gibt es keine faulen Kompromisse", sagt SP-Chef Kaiser. Der Vorschlag sei nur eine "billige Ausflucht, um Zeit zu gewinnen, wichtige Beweisstücke beiseitezuschaffen", und Kaiser fragt weiters: "Wo war die Aufklärung Dörflers, als Birnbacher ihn vor Monaten drauf hingewiesen hat, dass Mitglieder der Landesregierung in sein Millionen-Honorar involviert waren?" Mit jeder Wahlverzögerung würden Dörfler und FPK-Chef Scheuch Kärnten massiv beschädigen.

Auch der neue Kärntner ÖVP-Chef Gabriel Obernosterer weist eine Zusammenlegung von Landes- und Bundeswahlen strikt zurück: "Das ist eine reine Kärntner Angelegenheit." Die Bundespolitik habe damit absolut nichts zu tun. Obernosterer kann sich ebenso wie Rolf Holub, grüner Abgeordneter und Aufdecker in Sachen Hypo und der Birnbacher-Martinz-Causa, den 30. September als Wahltermin vorstellen. Für die Kärntner ÖVP dürfte das allerdings politischer Hasard werden, da es schwierig ist, bis dahin ein neues Spitzenteam aufzustellen.

SPÖ, ÖVP und Grüne wollen aber auch gleich mit dem derzeitigen System der Proporzregierung "tabula rasa" machen. Es soll in Hinkunft eine klare Rollenverteilung zwischen Regierung und Opposition geben. Und auch bei den Wahlkampfkosten soll künftig drastisch gespart werden. Die Grünen wollen vor der Neuwahl ein umfassendes Demokratiepaket beschließen, mit mehr Rechten für Kleinparteien und für den Landesrechnungshof. "In Kärnten müssen wir endlich die Demokratie hereinlassen", sagt Holub.

Kommenden Montag wird es auch vor Gericht wieder spannend. Da soll BZÖ-Mann Stefan Petzner im Hypo-Birnbacher-Untreueprozess aussagen. Er hat weitere brisante Enthüllungen angekündigt. (Elisabeth Steiner, DER STANDARD, 31.7.2012)