Dokumentation und Fiktion sind im Grunde einander ausschließende Genres. Entweder man dokumentiert oder man fingiert. Und doch ist es im Fernsehen üblich geworden, beides zu vermischen. Dieser Widerspruch hat einen Namen: Dokufiction. Sie vermischt die Vorzüge des jeweiligen Genres: Sachbezogenheit auf der einen, Erzählbarkeit und Emotionalisierung auf der anderen Seite.

Foto: Arte/SWR/Christel Fromm

Die Geschichte der zwiespältigen Politikerpersönlichkeit Konrad Adenauer bekommt im Hauptabendprogramm also eine Dramaturgie und Gefühl verpasst. In "Konrad Adenauer - Stunden der Entscheidung" von Werner Biermann (Autor) und Stefan Schneider (Regie) vergegenwärtigen die rätselhaften, glasigen Blicke und die strengen Lippenbewegungen des Schauspielers Joachim Bißmeier die Probleme des konservativen, langdienenden deutschen Nachkriegskanzlers. Etwa 60 Prozent dieser Dokufiction sind Spielfilmmaterial mit interpretierenden, handlungsantreibenden Szenen.

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Hart dazwischen geschnitten kommen Adenauers Kinder, seine Sekretärin sowie Historiker in Interviews zu Wort - neben historischen, offiziellen Filmaufnahmen etwa bei der Angelobung oder beim heiklen Staatsbesuch in Moskau. Es wird also Fiktion bemüht, um die Risse im Dokumentarischen zu kitten und so die Geschichte zu einer geschlossenen Erzählung zu machen. Das irritiert, weil es suggeriert, genau so sei es gewesen. Historiker finden das sicher übel, Journalisten ein wenig zum Lachen (insbesondere die Szenen mit Johannes Zirner als Rudolf Augstein). Als Filmfan aber darf man sich auf einen geharnischten Bißmeier und eine schöne Ausstattung freuen. (Margarete Affenzeller, DER STANDARD, 31.7.2012)

Arte, 31. 7., 20.15; ARD, 5. 8., 21.45

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