Der Herr ist zwar nett, aber sein Tofu riecht leider nicht sehr gut.

Foto: an yan

Mixian, Reisnudeln, sind eine allgemein beliebte Spezialität Yunnans und dürfen auch an Shaokao-Ständen nicht fehlen.

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Die Meister der Eierpfannkuchen.

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Kein Wunder, dass sie jeder liebt und ständig aufsucht. Shaokaos oder Grillbuden sind einfach der Punkt auf dem i der China-Erfahrung. Die kleinen mobilen Stände sind immer da, wo man sie braucht, zu jeder Tages- und Nachtzeit. In China gibt es nämlich das etwas merkwürdige Problem, dass die Restaurants extrem früh zusperren. Bereits gegen 5 Uhr nachmittags beginnen Chinesen mit dem Abendessen, und ab 8 Uhr wird es schwierig, in einem Restaurant Essen zu bestellen, entweder weil alle Zutaten aufgebraucht sind oder weil die Angestellten sich aufs Heimgehen vorbereiten. Für mich und viele andere ist das oft viel zu früh; aber es gibt Alternativen, die manchmal besser sind als die richtigen Restaurants.

Besser als im Restaurant

Meine Lieblingsalternative sind ein paar Shaokao-Stände nicht weit entfernt von meiner Wohnung. Der Begriff Shaokao bedeutet eigentlich gebraten und gegrillt, aber Shaokaos sind fast alle kleinen Essensstände, die oft an belebten Straßenecken beieinanderstehen und alles anbieten: von kalten Nudeln über gebratene Kartoffeln, Pfannkuchen, Tofu, Suppe, Teigtaschen und gebratenen Reis bis hin zum namensgebenden Barbecue.

Die Qualität der Speisen ist so variabel wie das Angebot; manches würde ich freiwillig nicht anfassen, während andere Speisen beim Shaokao frischer und besser sind als in teuren Restaurants. Frisches Gemüse ist wie überall in China ein Muss. Risikoquellen sind altes Öl, Reis und Fleisch oder Fisch. Die Speisen werden an den mobilen Ständen vor den Augen der Kunden auf Anfrage zubereitet, die alles bestimmen können, was in ihr Gericht gerührt wird. Ein weiterer Vorteil ist, dass man danach einige neue Einblicke in die Kochkunst der chinesischen Snacks hat.

Shaokaos gibt es an fast jeder Straßenecke, aber Teil der Shaokao-Kultur ist, dass man den Laoban (Chef) kennt, den Preis und wer die besten Melanzani oder Fleischspieße hat. Traditionell ist das beste Shaokao das vor der eigenen Haustür, und nach Umzügen sagen Leute häufig, dass sie am meisten ihre gewohnten Shaokao-Stände vermissen – bis sie sich an die Neuen gewöhnt haben, die dann mit der Zeit zu den besten werden.

Shaokao-Philosophie

Obwohl der Preis der Speisen generell unter einem Euro liegt, wird gewissenhaft bestellt. Wer beim Shaokao essen geht, wählt aus wie in einem teuren Restaurant – meine Nudeln will ich von diesem Laoban, aber die besten Lotuswurzeln hat der Herr gegenüber! Gerade Studenten, spät Arbeitende und Geringverdienende kennen jeden einzelnen Stand und haben eine eigene Philosophie über das Angebot, das lang und breit diskutiert wird.

Es macht einfach Spaß, sich unter die Menge zu mischen und hineinzuhorchen. "Ah, da kann man nicht essen, das Öl, das der Laoban verwendet, ist immer alt!" – "Ach was, es ist noch immer besser als das vom Nachbarn. Und er brät die Nudeln immer so liebevoll." – "Ja, das stimmt auch wieder. Also, gehen wir zu ihm?" – "Oder doch lieber zum alten Wang? Er hat die besten Nudeln weit und breit. Ich sag's dir, sie sind viel besser als in jedem Restaurant, wirklich!" – "Nein, nein, das stimmt nicht. Letzte Woche habe ich bei dem neuen Stand Nudeln gegessen, die viel frischer waren als seine. Die Chefin macht sie mit der Hand, stell dir das vor!" (An Yan, daStandard.at, 31.7.2012)