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153.153 Mäuse wurden im Vorjahr in Österreich für Versuche benutzt. Ersatzverfahren ohne Tests an Tieren sind rechtlich nicht unproblematisch, meinen Unternehmer.

Foto: AP/dapd/Robert F. Bukaty

Wien - Am häufigsten werden die sprichwörtlichen Kaninchen und Mäuse verwendet. Sie dienen österreichischen Pharma-, Chemie- und Medizintechnikfirmen - sowie universitären Grundlagenforschungseinrichtungen - als Versuchstiere (siehe Wissen unten).

Aber auch größere Säugetiere werden in Europa manchmal eingesetzt, Rinder, Schweine, Schafe, Hunde, Katzen: "Wenn es, zum Beispiel, um Tests von Knochenimplantaten geht, kommt man mit Mäusen oder anderen kleinen Tieren nicht weit", sagt Klaus Schröder, Geschäftsführer und Laboratoriumsleiter bei der Linzer BioMed Life-Science GesmbH., die unter anderem die Förderung von Tierversuchsersatzmethoden zum Ziel hat.

Mögliche Übersättigung

Dass lebende Tiere gezielt Leiden erdulden müssen, um Menschen Krankheiten und Schmerzen zu ersparen - sowie schlicht, um Produkte sicherer zu machen -, sei "ein hochemotionales Thema", weiß Schröder. Die Öffentlichkeit jedoch ziehe zunehmend Wegschauen vor: "Vor ein paar Jahren waren Tierversuche für Kosmetika ein Aufregerthema. Derzeit scheint hier Übersättigung zu herrschen." Zudem sieht eine EU-Richtlinie aus 2003 hier den schrittweisen Ausstieg vor.

In diesen Wochen und Monaten nun stehen neuerlich EU-weite Vorschriften vor der Umsetzung. Die EU-Richtlinie 2010/63 muss bis 10. November 2012 in allen nationalen Rechten verankert sein. Auch in Österreich, wo ein Sprecher von Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP) betont: "Im europäischen Vergleich haben wir schon jetzt eines der strengsten Tierversuchsgesetze."

Keine Versuche mit Menschenaffen

So bestehe etwa ein Verbot von Versuchen mit Menschenaffen - es gilt für andere Affenarten nicht - sowie eines für die Kosmetikaproduktion. Beide Regelungen, so der Sprecher, würden erhalten, obwohl die auf europaweite Harmonisierung fokussierende Richtlinie dies nicht zwingend vorsehe.

In anderen Bereichen wiederum werde die Richtlinie viel zu zögerlich umgesetzt, kritisiert Martin Balluch, Obmann des Vereins gegen Tierfabriken (VGT).

Neue vierteilige Skala

So etwa bei Verboten von Versuchen, die den Tieren schwerstes Leid aufbürden - was künftig anhand einer zwingend einzuführenden, vierteiligen Skala gemessen wird.

Hier erlaube die EU-Richtlinie die absolute Untersagung, "während es im Gesetzesentwurf eine Ausnahmebestimmung gibt, wenn solche Versuche "aus wissenschaftlichen Gründen erforderlich" seien. Balluch: "Das gehört überdacht."

Bei der Häufigkeit vorgeschriebener Kontrollen an Orten wiederum, wo Tierversuche stattfinden, drohe es sogar einen Rückschritt zu geben, kritisiert Grünen-Tierschutzsprecherin Christiane Brunner. "Statt einmal jährlich unangemeldet soll nur mehr einmal alle drei Jahre angemeldet inspiziert werden müssen." Dabei würden Kontrollen und Genehmigungsverfahren laut Bundesrechnungshof-Bericht 2006 schon jetzt viel zu lasch gehandhabt, fügt Balluch hinzu.

EU-weite Forschung gefordert

Um die Zahl der Versuche zu verringern, schlagen Tierschützer verstärkte, EU-weite Forschung für Ersatzverfahren vor, etwa für In-vitro-Tests mit Gewebeproben. Das allein sei für Österreich unzureichend, sagt Experte Schröder: "Potenzielle Anwender müssen in ihrer Ausbildung geschult werden, um mit In-vitro-Methoden umgehen zu können.

Derzeit geschieht das nicht. Und es muss mehr Rechtssicherheit geben. Derzeit fürchten viele Klein- und Mittelbetriebe Regressforderungen, wenn sie mit Ersatzmethoden statt mit Tierversuchen arbeiten."

Die Tierversuchsnovelle ist bis 8. August in Begutachtung. (Irene Brickner, DER STANDARD, 30.6.2012)