Der Vorsitzende des Aufsichtsrats der Hypo Alpe Adria, Johannes Ditz, will bis Ende 2014 ein Drittel der Bank verkauft haben. Die schlechte Wirtschaftslage fresse den Sanierungserfolg auf.

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STANDARD: Die Causa Birnbacher wurde zur Korruptionscausa. Hat das Konsequenzen für die Hypo?

Ditz: Das ist die Bestätigung, dass 2007 vier Leute die Bank verkauft haben, ohne Investmentbank und gegen Warnungen der Juristen. Man hat einen Deal ausgemacht, durchgezogen und daneben etwas arrangiert, was sich nun als Korruption erweist. Was aber viel dramatischer ist: Bei einem seriösen Kauf hätte man damals schon viele Probleme erkannt. Da wäre vielleicht weniger bezahlt worden, aber dafür hätte es das Riesen-Exposure, die Riesenbelastungen, die jetzt über dem Steuerzahler hängen, nicht gegeben. Kärntner und Münchner waren beim Verkauf fahrlässig - und haben der Bank auch noch expansiv weiteres Risiko aufgeladen.

STANDARD: Der Staat musste die Bank retten, Kärnten und Bayern kamen billig davon.

Ditz: Mit der Weisheit des Rückblicks wäre es gescheiter gewesen, die Bank bei denen zu lassen, die das Desaster verursacht haben: Kärnten und Bayern. Die sind gut davongekommen.

STANDARD: Werden Sie die BayernLB (BLB) also klagen?

Ditz: Im Lichte der neuesten Entwicklungen müssen wir prüfen, ob wir die früheren Eigentümer zu Entschädigungen heranziehen können. Wenn wir eine Möglichkeit finden, werden wir das dem Eigentümer mitteilen. Wir prüfen intern, ob der Beitrag der Bayern ausreichend war, ob sich Ansätze ergeben, statt dem Steuerzahler die BayernLB in die Verantwortung einzubinden. Wir wollen keinen Krieg führen, aber sicherstellen, dass für den Steuerzahler keine Zusatzkosten mehr entstehen.

STANDARD: Sie haben es ja nicht einmal geschafft, das Haftungsentgelt zu kippen, das die Bank ans Land Kärnten zahlen muss.

Ditz: Stimmt, aber nachdem heute der Staat haftet, sollten die Zahlungen an Aktionär Republik gehen. Auch das prüfen wir.

STANDARD: Die Hypo braucht laut FMA 1,5 Mrd. Euro Eigenkapital. Derzeit laufen neue Berechnungen; wie viel wird der Steuerzahler noch einschießen müssen?

Ditz: Wir kommen auf einen geringeren Bedarf. Wir müssen unterscheiden zwischen den Einheiten, die privatisiert werden sollen, und der Abbaueinheit, die kein neues Geschäft mehr macht. Für die Banken, die wir verkaufen (Österreich, Italien und Südosteuropa, Anm.), reicht der Kapitalpuffer für die verlangten zwölf Prozent. Im Abwicklungsteil haben wir dieses Kapital nicht. Aber dort brauchen wir keine vorbeugende Eigenkapitalzufuhr. Dort reicht die Klarheit, dass für den Fall, dass beim Abbau Verluste auftreten, der Staat dahintersteht und das durch Garantien ausgleicht.

STANDARD: Wie hoch müssten die Garantien sein? Im Abbaubereich stecken Assets von 14 Mrd. Euro.

Ditz: Rund eine Milliarde. Wenn alles schiefgeht auf der Welt, dann kann der Staat die Garantie noch immer aufstocken.

STANDARD: Sie sind optimistisch. Die Bank selbst spricht in Worst-Case-Szenarien von einem Geldbedarf bis zu zehn Milliarden Euro.

Ditz: Das gilt aber nur, wenn man die Bank von heute auf morgen zusperrt. Das will niemand, da hätte man ja die Notverstaatlichung nicht gebraucht. An Zahlenspielereien beteilige ich mich nicht.

STANDARD: Was, wenn die Aufsicht trotz Ihrer Garantie-Idee Kapital sehen will?

Ditz: Dann ist der Eigentümer, die Republik, gefordert. Denn dann muss ich ehrlich sagen: Das Geld bekomme ich nicht am Markt, das ist dann eine Frage für den Steuerzahler. Ich bin aber dafür, dass man Geld erst einschießt, wenn es notwendig ist. Denn es wäre ein falsches Signal, wenn wieder Geld vom Staat für die Hypo kommen müsste, wir wollen den Abbau aus eigener Kraft schaffen.

STANDARD: Sie wollen sich unter Druck setzen?

Ditz: Wir sind unter Druck.

STANDARD: Die EU schreibt der Bank eine radikale Schrumpfkur vor. Sie werden derzeit aber weder Beteiligungen wie Aluflex los noch Banken. Wie soll das alles gehen?

Ditz: Wir brauchen Flexibilität und haben vorgeschlagen, bis Ende 2014 ein Drittel der Bank verkauft zu haben. Das können wir schaffen.

STANDARD: Indem Sie unter Buchwert verkaufen?

Ditz: Unser Ziel ist, zum Buchwert zu verkaufen. Wenn Sie mich fragen, ob das derzeit realistisch ist, muss ich aber Nein sagen.

STANDARD: Auch das operative Geschäft läuft schlecht, vor allem in Südosteuropa. Droht heuer wieder ein Verlust?

Ditz: Ich glaube, dass wir über der Nulllinie bleiben werden, wir kämpfen hart. In der Bank wird sehr gut gearbeitet, leider zeigen die Daten den Sanierungserfolg nicht. Denn die von außen kommende Verschlechterung nimmt Teile des Sanierungserfolgs weg, allein das Italien-Downgrading kostet uns 0,4 Prozent Eigenkapital. Wir haben 2011 Non-perfoming Loans (faule Kredite, Anm.) von 1,4 Mrd. Euro aufgelöst. Nur: Durch die schlechte Wirtschaftsentwicklung wurde gleichzeitig ein anderer Teil notleidend.

STANDARD: Wenn der Steuerzahler doch wieder einzahlen muss in die Hypo: Treten Sie dann zurück?

Ditz: Nein. Das Schiff in Seenot verlassen ist keine Lösung. (Rendate Graber, DER STANDARD, 28./29.7.2012)