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Ivica Dacic, der neue Ministerpräsident Serbiens.  

Foto: EPA/ANDREJ CUKIC

Bis fünf Uhr früh am Freitag dauerte die heftige Parlamentsdebatte über Serbiens neue Regierung. Das Programm des zukünftigen Ministerpräsidenten Ivica Dacic bezeichnete man seitens der Opposition als "Liste schöner Wünsche", den Chef der Serbischen Fortschrittspartei (SNS) und neuen Verteidigungsminister Aleksandar Vucic als einen "Dilettanten, der alle Geheimdienste kon trollieren möchte".

Das Kabinett wurde mit der serbischen Regierung von 1998 unter Federführung von Slobodan Miloševic verglichen, die Serbien wegen des Kosovo in den Krieg mit der Nato führte. Einige Minister von heute saßen auch damals in der Regierung.

Es war offensichtlich, dass oppositionelle Abgeordnete Dacic, dem Chef der Sozialistischen Partei (SPS), nicht verzeihen können, seine bisherigen Regierungspartner von der Demokratischen Partei (DS) ausgebremst und in den nationalliberalen Block, angeführt von der SNS, übergewechselt zu haben. Allerdings ist die SPS nicht die einzige Partei, die der DS von Boris Tadic den Rücken gekehrt hat. An Bord geholt hat Dacic auch die Sozialdemokratische Partei (SDPS) und die Vereinigten Regionen Serbiens (URS), die in der bisherigen Regierung das Sozial- beziehungsweise das Wirtschaftsministerium besetzten und sich zugleich die Unterstützung der bosniakischen SDA aus dem Sandschak gesichert haben. Die Regierung verfügt so über 142 der 250 Parlamentssitze.

44 Parteien im Parlament

Doch nur mathematisch ist das eine stabile Mehrheit. Im Kampf um jede Stimme haben sich größere Parteien auf Bündnisse mit unzähligen Kleinparteien eingelassen. Im Parlament sind 44 Parteien mit 14 Fraktionen vertreten. Im neuen Kabinett leiten Minister aus sieben Parteien 17 Ressorts. Dacic bestand auf einer breiteren Koalition, um das "Erpressungspotenzial" kleinerer Partner zu begrenzen.

Der Regierung steht nicht nur der Kampf gegen Wirtschaftskrise (25 Prozent Arbeitslosigkeit) und Korruption bevor. Dacic wird sich international auch vom Image des ehemaligen Pressesprechers Slobodan Miloševics befreien müssen. (Andrej Ivanji aus Belgrad /DER STANDARD, 28.7.2012)