Würden Sie sagen, dass man derzeit als Wähler aktiv etwas zur Verbesserung des politischen Systems beitragen kann, oder ist das eher nicht der Fall?" Diese Frage stellte das Linzer Market-Institut im Auftrag des STANDARD 400 Wahlberechtigten. Nur elf Prozent meinen, dass das "auf jeden Fall möglich" ist, 30 Prozent sagen "eher schon". Aber die überwiegende Mehrheit ist der Meinung, dass man als Wähler mit seiner Stimme "eher weniger" (43 Prozent) bis "gar nicht" zur Verbesserung des Systems beitragen kann.
Market-Studienleiterin Bettina Müller: "Das klingt sehr pessimistisch - aber viel bessere Ergebnisse habe ich nicht erwartet. Schließlich haben wir am Mittwoch und Donnerstag gefragt, unmittelbar nachdem der Fall Martinz in vollem Umfang bekannt geworden ist. Man kann leicht nachvollziehen, wie sehr das die Leute aufregt."
Müller verweist darauf, dass die Umfrage Kärnten als den Hort der Korruption ausweist - während Vorarlberg die allerbesten Noten für sich verbuchen kann. Die Grafik zeigt: 44 Prozent der österreichischen Wahlberechtigten geben der Politik in Kärnten ein "nicht genügend". Nur einige aus dem harten Kern der Freiheitlichen und einige ÖVP-Wähler haben in der Umfrage milder geurteilt.
Und: Befragte in Kärnten urteilen nicht weniger hart über die Politik im eigenen Land, als dies die Bewohner anderer Bundesländer tun.
Ganz schlechte Noten gibt es auch für die FPÖ, ihre politische Sauberkeitsnote ist bei einem "Genügend" angekommen. Jeder zweite Wahlberechtigte vergibt ein "Nicht genügend" an die Freiheitlichen. "Hier sieht man, dass die FPÖ von ihrer Kärntner Schwesterpartei ins Minus mitgezogen wird - die Leute machen da wenig Unterschied zwischen FPÖ und FPK, auch das BZÖ wird in denselben Topf geworfen", kommentiert Müller die Daten. Wenig erstaunlich sei, dass die ÖVP, die in den vergangenen Wochen immer wieder im Zusammenhang mit Skandalen genannt wurde, schlechte Noten kassiert, "der Fall Martinz ist da nur noch das Tüpfelchen auf dem i", sagt Müller.
Gute Noten gibt es nicht nur für das Land Vorarlberg, sondern auch für die Sozialpartnerorganisationen AK und Wirtschaftskammer. Müller ergänzt: "Den Grünen ist es gelungen, ein Image als Saubermacher aufzubauen, sie bekommen auch entsprechend gute Noten - aber insgesamt sehen wir hier ein Bild der Politikverdrossenheit."
Auch weiter Skandale
Und was hilft dagegen? In der Folge der Arbeit des Korruptions- Untersuchungsausschusses hat man versucht, Parteienfinanzierung und Transparenz (etwa bei der Vergabe von Inseraten) auf eine neue Basis zu stellen. Aber: Auf die Frage, ob das helfen würde, künftig Skandale zu vermeiden, äußern nur zehn Prozent entsprechende Erwartungen. 89 Prozent glauben, dass es nicht weniger Skandale geben wird.
Allerdings: Bei allem Abscheu vor den Skandalen bewahren die Österreicher das Maß. In derselben Umfrage sagen 30 Prozent der Wahlberechtigten, dass die politische Kultur besser wäre als in anderen Staaten - nur elf Prozent halten sie für schlechter (Conrad Seidl, DER STANDARD, 27.7.2012)