Kärntens Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPK) hat gegenüber der APA ein Verbot der religiös motivierten Beschneidung durch die Bundesregierung gefordert. "Ich bin generell gegen jede Art von Genitalverstümmelung", so Dörfler. Zwischen der Beschneidung von Mädchen und Buben gibt es für ihn keinen Unterschied. Die mit Religion und Tradition begründete "Verstümmelung" habe in Europa nichts verloren. "Die Menschheit hat sich weiterentwickelt. Junge Menschen sind zu schützen."

In der zuständigen Abteilung am Klinikum Klagenfurt prüft man derzeit die Rechtslage, wie Gabriele Gritsch-Olipp, Fachärztin für Kinder- und Jugendchirurgie mitteilte. Bis die gesetzliche Situation vollständig geklärt ist, sei man bei der Annahme von Beschneidungsterminen "sehr zurückhaltend". Pro Woche werden am Klinikum zwei bis drei Beschneidungen durchgeführt. Wie viele davon medizinisch bedingt und wie viele religiös motiviert sind, konnte die Ärztin nicht genau sagen.

Wilhelm Kaulfersch, Vorstand der Kinder- und Jugendheilkunde am Klinikum Klagenfurt sieht die Ärzteschaft durch die Diskussion im Zwiespalt. Der Gesetzgeber müsse nun mit den Religionsgemeinschaften auf einen grünen Zweig kommen und Rechtssicherheit für die Ärzte herstellen.

Burgstaller spricht von "Dilemma"

Anders als ihr Kärntner Kollege sprach sich die Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) ausdrücklich gegen ein Verbot aus. Sie sprach von einem Dilemma: Einerseits gehe es um die körperliche Integrität von Kindern, andererseits um einen "zwingenden Bestandteil" von Religion. "Ich sehe das selbst sehr kritisch", meinte sie. Ein Verbot würde aber dazu führen, dass die Eingriffe "unter fragwürdigen hygienischen Bedingungen durchgeführt werden." Auch wer Beschneidungen ablehne, könne nicht wollen, "dass sie weg von medizinischem Fachpersonal in den 'Hinterhof' verlagert werden".

Wichtig sei, dass jeder Arzt es ablehnen könne, eine Beschneidung durchzuführen. "Niemand muss gegen seine medizinisch-ethische Überzeugung handeln." An den Salzburger Landeskliniken werden derzeit übrigens keine religiös motivierten Beschneidungen durchgeführt, die Frage nach einem Verbot stelle sich daher nicht, so Burgstaller. Es sei aber nicht auszuschließen, dass "Vertrauensärzte" die medizinische Notwendigkeit einer Beschneidung attestieren und Kinder an die Landeskliniken überweisen.

Die rechtlichen Bestimmungen sind für die Landeshauptfrau klar - im kürzlich beschlossenen Gesetz zu den Schönheitsoperationen stehe, dass die Beschneidung von männlichen Säuglingen nicht rechtswidrig sei, wenn die Einwilligung der Eltern vorliege, erläuterte sie.

Steiermark will keine Termine mehr annehmen

Rechtliche Unklarheiten sieht man aber dennoch in Vorarlberg: Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) hatte daher bereits am Dienstag den Ärzten geraten, von Eingriffen aus religiösen Gründen abzusehen, bis die gesetzliche Lage eindeutig geklärt sei.

In der Steiermark wurden religiös motivierte Beschneidungen bisher nur an der Grazer Kinderchirurgie durchgeführt. Dort will man aber bis zur Festlegung österreichweit einheitlicher Regelungen keine Termine mehr annehmen. Gesundheitslandesrätin Kristina Edlinger-Ploder (ÖVP) äußerte sich dazu am Mittwoch vorsichtig: Sie stelle sich hinter die Vorgangsweise des Grazer Klinikums, prinzipiell sei es eine klinische und juristische und weniger eine politische Frage, die zu klären sei.

Muzicant vergleicht Verbot mit Vernichtung der Juden 

Einen drastischen Vergleich hat Ariel Muzicant, Ehrenpräsident der Israelischen Kultusgemeinde (IKG), angesichts der laufenden Debatte über ein Beschneidungsverbot gezogen. In der "Kleinen Zeitung" (Donnerstagsausgabe) stellte er ein mögliches Verbot mit der Vernichtung der Juden gleich. Ein solches "wäre dem Versuch einer neuerlichen Schoah, einer Vernichtung des jüdischen Volkes, gleichzusetzen - nur diesmal mit geistigen Mitteln", wird er zitiert. (APA, 25.7.2012)