Ihr habt viel zu lange herumgetrödelt. Ihr wolltet eure Macht sichern. Und dann habt ihr auch noch Mist gebaut. Nichts anderes hat Andreas Voßkuhle, der Präsident des deutschen Verfassungsgerichts, der schwarz-gelben Koalition in Deutschland mitgeteilt, als er am Mittwoch feststellte, dass das deutsche Wahlrecht nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

Sicherlich, die Materie ist kompliziert und hat schon Generationen von Juristen und Mathematikern zur Verzweiflung gebracht. Aber CDU/CSU und FDP scheiterten ja nicht an Kleinigkeiten. Vielmehr haben sie ein Gesetz zusammengezimmert, das der Regierungskoalition mehr Vorteile verschaffen sollte als Wählerinnen und Wählern. Das Vertrauen in die Demokratie fördert das nicht unbedingt.

Und jetzt pressiert's: Was Schwarz-Gelb in vier Jahren alleine nicht geschafft hat, muss binnen ein paar Monaten gemeinsam mit der Opposition gelingen. Im Herbst 2013 wird ein neuer Bundestag gewählt. Die Möglichkeit, dass es bis dahin kein neues - und diesmal taugliches - Wahlrecht geben könnte, möchte man sich nicht ausmalen.

Das Schlamassel hat übrigens noch einen recht kuriosen Aspekt: Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel doch im Zuge der Eurorettung an ihrer immer lauter murrenden eigenen Truppe scheitert und die Koalition zerbricht, könnte Deutschland nicht einmal neu wählen. Es gibt ja kein Wahlrecht. Was für eine peinliche Pointe. (Birgit Baumann, DER STANDARD, 26.7.2012)