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Das erleichterte Lachen des geständigen Steuerberaters: Dietrich Birnbacher.

Foto: APA/Eggenberger

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Das verbitterte Gesicht des scheidenden Politikers: Josef Martinz.

 

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Nichts deutete zunächst darauf hin, dass am Klagenfurter Landesgericht während des Birnbacher-Prozesses eine weitere Bombe explodieren und die bisherige politische Landschaft Kärntens fast zum Einsturz bringen würde. Der Schöffensenat hatte zunächst jene Gutachter geladen, die das Sechs-Millionen-Euro-Honorar für den Steuerberater Dietrich Birnbacher als angemessen abgesegnet hatten. Dazu kommt es nicht. Denn ganz unvermittelt steht Birnbacher auf, kramt aus seinem Rucksack einige Schriftstücke hervor und sagt: "Herr Rat, ich möchte eine weitere Erklärung abgeben".

"Bitte", winkt ihn Richter Manfred Herrenhofer heran. Mit einem kaum verhaltenen und verschmitzten Lächeln auf den Lippen setzt sich Birnbacher auf den Vernehmungsstuhl. "Ich möchte Wiedergutmachung und vielleicht einen wirklichen Dienst an Kärnten leisten", hebt der kleine ältere Herr mit freundlichem Gesicht an - und was dann folgt, löst nicht nur bei den zahlreichen Gerichtskibitzen eine Schockwelle nach der anderen aus. In deren Folge werden nicht nur VP-Chef Martinz, sondern auch die FPK-Politiker Uwe Scheuch und Harald Dobernig schwerst von Birnbacher belastet und politisch in die Tiefe gerissen. Martinz trat noch im Gerichtssaal als Parteichef zurück und aus der ÖVP aus.

Geld für Parteien abzweigen

Birnbacher erweitert sein bisheriges Geständnis und gibt unumwunden zu, dass von Anfang an der Tatplan bestanden habe, aus seinem Millionenhonorar vom Verkauf der Hypo-Alpe-Adria-Bank illegal Geld für die Kärntner Freiheitlichen und die ÖVP abzuzweigen.

Penibel schildert Birnbacher den Vorgang, und je länger er erzählt, desto mehr bröckelt seine anfängliche Loyalität gegenüber dem wegen Untreue mitangeklagten VP-Chef Josef Martinz, dessen Familie er jahrzehntelang auch persönlich beraten hatte. Mit Josef Martinz sei schon im Herbst 2007 ausgemacht gewesen, dass sein ihm ursprünglich von Martinz und dem verstorbenen Jörg Haider zugesichertes Zwölf-Mio.-Euro- Honorar gedrittelt werden sollte: ein Drittel für ihn, ein Drittel für die ÖVP und ein Drittel für die Kärntner Freiheitlichen. Dabei verfällt Martinz kreidebleich neben seiner Anwältin.

Eine Million für Haider

Das "Know-how", wie das Geld von Birnbacher an die Parteien ausgeschleust werden sollte, sei vom früheren Innenminister Ernst Strasser gekommen, sagt Birnbacher aus. Etwa über fingierte Druckkostenrechnungen, Sachaufwand oder die Übernahme von Personalkosten der Partei. Strassers Anwalt weist das postwendend als "völligen Unsinn" zurück.

Später, als wegen des öffentlichen Aufschreis das Honorar halbiert worden sei, habe laut Birnbacher Haider die Forderung aufrechterhalten: " Eine Million wird wohl drin sein für die Partei." Dazu kam es aber nicht mehr, weil Haider am 11. Oktober 2008 betrunken in den Tod raste.

Im Jahre 2009 schließlich hätten ihn Haiders "Erben" Uwe Scheuch und Harald Dobernig zum Essen ins noble Hotelrestaurant Werzer nach Pörtschach eingeladen und wären auf Haiders Forderung zurückgekommen. Dobernig hätte zuerst eine Million für die Partei haben wollen. "Ich hab dann gesagt, dass ich nur sechs Millionen bekommen hab", antwortet Birnbacher auf stetes Nachfragen von Richter Herrenhofer: "Dann hat der Herr Scheuch eine Schlussrechnung angestellt. Bei zwölf Mio. eine Mio. für die Partei, bei sechs Mio. 500.000 Euro."

"Ist dann noch Geld geflossen?", will der Richter wissen". "Nein, Haider war ja schon tot", antwortet der Steuerberater.

Im Sommer 2008 habe es dann mehrmals Gespräche mit Martinz in Birnbachers Villacher Kanzlei gegeben. Da habe ihm der VP-Chef angekündigt: "Jetzt werde ich dir von deinem Honorar auch noch was herunterreißen."

65.000 Euro hat Birnbacher Martinz dann in einem Briefumschlag bei einer Weihnachtsfeier in Villach übergeben. Weitere 35.000 sollen laut Birnbacher an seine Anwältin Astrid Wutte-Land, Ehefrau eines früheren ÖVP-Klubobmannes, gezahlt worden sein - über eine Scheinrechnung für Medienberatung. In Summe also 100.000 Euro für die ÖVP. Wutte-Lang weist jede Beteiligung an der illegalen Parteienfinanzierung von sich - das Mandat für Martinz muss sie zurücklegen.

Josef Martinz bleibt nichts mehr anderes mehr übrig, als alles zu bestätigen. Freilich muss ihn der Richter erst eindringlich darauf hinweisen, die ganze Wahrheit zu sagen. Nur Schwerverbrecher würden gerade so viel gestehen, als man ihnen nachweisen kann. Dann bricht der ÖVP-Mann, der 2004 angetreten war, um seine Partei nach einer katastrophalen Wahlniederlage aus der Krise und in die Koalition mit den Kärntner Freiheitlichen zu führen, endgültig zusammen. Mit zittriger Stimme und mit hängenden Schultern würgt Martinz sein Geständnis heraus. Nur an das "Know-how", das er von Ernst Strasser erhalten haben soll, kann er sich nicht mehr erinnern. Der Richter vertagt auf 6. August, weil sich Martinz eine neue Verteidigung suchen muss.

Dann stellt sich Martinz der Presse. "Es tut mir leid, es war ein Fehler, dass ich mich mit Haider auf diese Machenschaften eingelassen habe." Jahrelang hatte er beteuert, es habe nie eine illegale Parteienförderung gegeben, und mit dem Verkauf der Hypo-Alpe-Adria-Bank habe Kärnten das "beste Geschäft mit dem besten Partner zum besten Zeitpunkt" gemacht. Martinz Untergang ist damit besiegelt, ähnlich dem Schicksal der Hypo, die 2009 notverstaatlicht werden musste.(Elisabeth Steiner, DER STANDARD, 26.7.2012)