Für 5.869 Firmen ging es in Österreich zunächst nicht mehr weiter.

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Die Firmenpleiten waren aber zuletzt rückläufig.

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Wien - Die aktuellen Pleiten von Schlecker und Neckermann beherrschen die Schlagzeilen - statistisch gesehen sind die Insolvenzen in Österreich und Deutschland aber rückläufig. Im Vorjahr gingen in Österreich 5.869 Firmen pleite, das sind 8 Prozent weniger als 2010. In Deutschland betrug der Rückgang 5,9 Prozent. Generell hielt sich Westeuropa trotz negativer Ausreißer wie Griechenland und Spanien relativ stabil, während es in Osteuropa um ein Viertel mehr Pleiten gab, so die am Mittwoch vom Kreditschutzverband KSV1870 veröffentliche Insolvenzstatistik.

Insolvenzen geben einen Hinweis, wie sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auf den Wettbewerb und das Überleben der Unternehmen auswirken, erklärte Hans-Georg Kantner, Leiter Insolvenz des KSV1870. Solche Statistiken würden Aufschluss darüber gegen, wie robust die Wirtschaft eines Landes ist. Allerdings ist eine Volkswirtschaft nicht automatisch gut, wenn es wenige Insolvenzen gibt. Grundsätzlich sei ein hohes Aufkommen von Pleiten ein Zeichen für eine dynamische Wirtschaft mit Gründungen, Marktverdrängung und Wettbewerbsverlierern, so Kantner.

Gründerboom und Exporterfolge

Von 100 Firmen gehen in Österreich jährlich ein bis zwei Unternehmen pleite, die aktuelle Insolvenzquote liegt laut KSV bei 1,5 Prozent. Diese habe sich in der ersten Hälfte der 90er-Jahre verdoppelt. Die Insolvenzwelle zwischen 1990 und 1995 sei ein Ausdruck der Strukturdefizite (Preisregelungen, Gebietskartelle und Handelshemmnisse) der österreichischen Wirtschaft gewesen, sagte Kantner. Insofern seien die jetzt höheren Insolvenzzahlen ein Ausdruck einer Wirtschaftsdynamik, die in den vergangenen zehn bis 12 Jahren von einem Gründerboom und laufend gesteigerten Exporterfolgen geprägt war.

Turbulentes Osteuropa

In Westeuropa liegt Österreich mit seinem starken Rückgang im vergangenen Jahr auf dem zweiten Rang hinter Dänemark (-15,4 Prozent), das so wie Österreich von der Erholung der Exportwirtschaft profitiert hat. In Osteuropa ging es zum Teil recht turbulent zu: Ungarn (77,5 Prozent), Bulgarien (69,4 Prozent) und Slowenien (43,3 Prozent) verzeichneten massive Steigerungen, in den baltischen Staaten Lettland (-40,4 Prozent) und Litauen (-19,1) sank die Zahl der Pleiten dafür deutlich. Unterm Strich gab es in den zwölf untersuchten osteuropäischen Ländern mit 55.065 Insolvenzen um 24,6 Prozent mehr als noch 2010. Die wichtigen Überseemärkte USA und Japan punkteten mit einem Rückgang. In Japan gab im Jahr der Fukushima-Katastrophe 2,5 Prozent weniger Insolvenzen, in den Vereinigten Staaten gar minus 15 Prozent.

In den südeuropäischen Krisenländern Griechenland, Portugal und Spanien stiegen die Insolvenzen zweistellig. Den Anstieg um 27 Prozent in Griechenland wertet Kantner positiv: "Endlich tut sich dort etwas." Eine Wirtschaft könne sich nicht erneuern, wenn es keine Insolvenzen gibt. Auch Portugal (+18 Prozent) sei auf einem "angemessenen Weg". Spanien hingegen ist für Kantner "ein Modellfall für Misswirtschaft", das Problem seien die Banken, die nicht pleitegehen, sondern vom Rettungsschirm aufgefangen werden. Solche Insolvenzverhinderungen im Bankensektor sind für Kantner eine "Wettbewerbsverzerrung der Sonderklasse". (APA, 25.7.2012)