Daumen runter. Die US-Ratingagentur Moody's warnt Deutschland, Europas größte Volkswirtschaft, vor dem Verlust des AAA-Ratings. Die Ratingagenturen, die in der Finanzkrise zumeist erst nach der Feuerwehr zu den Brandherden geeilt kamen, gerieren sich wieder als Frühwarnsystem. Doch Deutschland kann der Warnung auch Positives abgewinnen.

Deutschlands Wirtschaftspolitiker predigen seit Monaten, dass auch die Finanzkraft Berlins ihre Grenzen hat. Moody's springt Berlin nun mit erhobenem Zeigefinger zur Seite. Auch Deutschland müsse mit seiner nicht gerade mageren Staatsverschuldung von 82 Prozent der Wirtschaftsleistung auf seinen Haushalt aufpassen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat nun ein weiteres Argument im Köcher, um Begehrlichkeiten aus Madrid und Rom abzuwimmeln.

Deutschlands Regierung muss aber auf einem schmalen Grat gehen: zwischen dem Druck des Wahlvolks und der Krise in Südeuropa, die auch die deutsche Exportwirtschaft betrifft. Denn ganz ohne Fiskaltransfers wird eine Währungsunion nicht aus dieser Krise kommen.

Vor einer tatsächlichen Herabstufung durch Moody's braucht sich Deutschland aber nicht zu fürchten. Die Zinsen werden für Europas größte Volkswirtschaft niedrig bleiben. Irgendwo müssen Versicherungen und Fonds ihre Euros veranlagen. Deutschland sieht in der Bonitätseinöde Europa aus wie eine Oase der Solidität - auch ohne AAA. (Lukas Sustala, DER STANDARD, 25.7.2012)