Das System Haider sitze im Klagenfurter Prozess ums Sechs-Millionen-Euro-Honorar von Dietrich Birnbacher auf der Anklagebank, meinen viele - und haben doch nur partiell recht. Verhandelt wird dort nämlich (leider nur indirekt) viel mehr: ökonomische Ignoranz, österreichische Aufsichtsratsmentalität (Motto: " Eyes Wide Shut") und Gutachterei, die den Namen nicht ansatzweise verdient.

Sicher, nach Jörg Haiders Tod ist es ein Leichtes, sich auf den damaligen Kärntenherrscher auszureden, und das tun jetzt natürlich alle. Ex-Bank-Aufsichtsratschef Wolfgang Kulterer: "Ich konnte dem Haider nicht vorschreiben, was er zu tun hat." FPK-Parlamentarier Martin Strutz, als Aufsichtsrat der Landesholding für ihre Kontrolle zuständig: " Ich habe es so empfunden, dass es der Wunsch von Haider und Martinz war, dass die Holding Birnbachers Honorar übernimmt."

Und der häufigste Satz von Zeugen wie Finanzlandesrat (sic) Harald Dobernig, der zur Zeit des Bankverkaufs Haiders Büroleiter und auch Holding-Kontrollor war: "Haider hat gesagt ..."

Aktiengesetz? Verantwortung des Aufsichtsrats? Oder wenigstens Hausverstand, der selbst renommierten Gutachtern aus Wien sagen würde, dass ein einzelner Steuerberater nicht die Arbeit einer Investmentbank erbringen kann, so wie das bei Birnbacher aus Honorar-Rechtfertigungsgründen behauptet wurde? Weit und breit keine Spur. Wir sind ja in Österreich. (Renate Graber, DER STANDARD, 25.7.2012)