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Keine guten Aussichten für Deutschland, die Niederlande und Luxemburg.

Foto: AP/Jon Super

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Grafik: APA

Der kritische Ausblick der Rating-Agentur Moody's hat Warnungen der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel vor einer Überforderung Deutschlands in der Euro-Schuldenkrise Auftrieb gegeben. Moody's bestätigte zwar die Top-Note für die Bonität Deutschlands, der Niederlande und Luxemburgs, nahm aber den Ausblick von "stabil" auf "negativ" zurück. Grund seien wachsende Risiken aus der Euro-Krise. Zudem wurde bekannt, dass die Bonitätsprüfer auch die Kreditwürdigkeit Österreichs und Frankreichs bis Ende September näher unter die Lupe nehmen.

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble sieht Deutschland ungeachtet dessen weiter als Stabilitätsanker in der Eurozone. Sein Ministerium kritisierte, Moody's stelle kurzfristige Risiken in den Vordergrund, lasse aber die Fortschritte bei der langfristigen Stabilisierung unerwähnt. Die Agentur hatte bereits im Februar den Ausblick für Österreich und Frankreich auf negativ gesetzt. Noch haben beide Länder aber ihr "Aaa". Das finnische Spitzenrating sieht Moody's nach der Mitteilung vom Montag weiterhin ungefährdet.

Krise gleich Unsicherheit

Als Grund für die Überprüfung der Ratings für Deutschland, die Niederlande und Luxemburg nannte Moody's die steigende Unsicherheit über den Ausgang der Schuldenkrise. Es sei immer wahrscheinlicher, dass Griechenland die Eurozone verlassen müsse, schrieben die Experten. Dort startete die Troika aus Experten des Internationalen Währungsfonds (IWF), der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank ihre aktuelle Prüfmission. Von deren Befund hängt die Zahlung der nächsten Hilfstranche im Umfang von gut 30 Milliarden Euro im September ab. Selbst wenn der Austritt Athens nicht passiere, sei davon auszugehen, dass Länder wie Spanien und Italien weitere Hilfen bräuchten. Vermutlich müssten dann die Staaten mit einer sehr guten Bonität die neuen Hilfen schultern.

Deutschland und die anderen wirtschaftlich starken Länder der Eurozone haben den schwächeren Partnern bereits unter die Arme gegriffen. Die Hilfen könnten sich nun als Bumerang erweisen, weil sie die Haushalte zu belasten drohen und den finanziellen Spielraum für die Regierungen einschränken. Im Falle Deutschland verwies Moody's auch auf die "Verwundbarkeit des Bankensystems". Die deutschen Kreditinstitute seien stark in den Problemstaaten engagiert und könnten Rückschläge angesichts ihrer mauen Gewinne nur schlecht abfedern. In der vergangenen Finanzkrise hatte der Staat die Hypo Real Estate auffangen müssen und war bei der Commerzbank eingestiegen.

Solide Aussichten

"Die Aussichten für das Wirtschaftswachstum in Deutschland sind solide", betonte das deutsche Finanzministerium. Deutschland erwarte ab 2014 einen ausgeglichenen Staatshaushalt. Die Kapitalisierung des Bankensektors habe sich deutlich verbessert. "Auch an den internationalen Finanzmärkten ist das Vertrauen in Deutschland hoch; dies spiegelt sich in den niedrigen Refinanzierungskosten deutscher Anleihen wider."

Die Essener National-Bank sieht das allerdings anders: "Das wird die Bewegungsfreiheit der deutschen Politik hinsichtlich irgendwelcher Zugeständnisse an Griechenland sowie aller Überlegungen zu einer wie auch immer gearteten Vergemeinschaftung von europäischen Schulden als allerletzte Bastion zur Rettung des Euroraums auf nahe Null einengen."

Weitere Belastungen für Märkte drohen

Die drohende Herabstufung von Deutschland, Niederlande und Luxemburg wurde am Dienstag an den Marktplätzen neutral aufgenommen (zu den Marktberichten). Eine schlechtere Note für die Kreditwürdigkeit kann aber zu steigenden Zinsen bei der Aufnahme neuer Schulden führen. Denn Investoren müssen von einer höheren Wahrscheinlichkeit ausgehen, dass sie ihr Geld nicht wiedersehen.

Bei Deutschland und den anderen Ländern dürfte ein Verlust des Spitzenratings allerdings in erster Linie einen erheblichen Imageschaden bedeuten. In der Regel reagieren Investoren erst, wenn zwei der drei großen Ratingagenturen ihre Bewertung zurückgenommen haben - und selbst dann müssen die Refinanzierungskosten nicht zwingen steigen.

Innerhalb Europas gilt Deutschland als sicherer Hafen und entsprechend niedrig sind die Kreditzinsen. Auch die führende Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) hatte Deutschlands Topbonität zwischenzeitlich auf den Prüfstand gestellt, die Note letztlich aber nicht angetastet. Dagegen haben die USA ihre Bestnote bei S&P bereits verloren - und können sich dennoch zu sehr niedrigen Zinsen frisches Geld leihen. Ein Grund dafür ist, dass viele Investoren angesichts der Schuldenkrise in Europa nicht wissen, wohin mit ihren Milliarden. (APA/Reuters, 23.7.2012)