Neben dem alten Bahnhof in Laubenbachmühle entsteht für 20 Millionen Euro das neue Betriebszentrum der Mariazellerbahn.

Foto: STANDARD/Fischer

Laubenbachmühle - Je enger das Pielachtal in Niederösterreich wird, desto öfter muss sich die Mariazellerbahn winden. Im Herzen des Dirndltals - so haben Touristiker die Region nach den Früchten der Kornelkirsche getauft - liegt die kleine Siedlung Laubenbachmühle. Und hier herrscht derzeit großer Bahnhof, denn der Wendepunkt der Mariazellerbahn zwischen Berg- und Talfahrt wird zu einem riesigen Betriebszentrum samt Remise und Werkstatt ausgebaut.

Schon der Rohbau des Architekten Hannes Zieser mit der mächtigen Holzdachkonstruktion stellt den mehr als 100 Jahre alten, bei Fotografen sehr beliebten Bahnhof von Laubenbachmühle in den Schatten. 20 Millionen Euro lässt sich die Niederösterreichische Verkehrsorganisationsgesellschaft (Növog) den Neubau kosten, insgesamt werden 117 Millionen Euro in die Modernisierung der 85 Kilometer langen Schmalspurbahn zwischen St. Pölten und Mariazell gesteckt - was auch den Zorn jener Gemeinden nährt, die entlang jener 21 Nebenbahnen liegen, die die Növog 2010 sofort nach Übernahme vom Bund eingestellt hatte.

Prestigeobjekt ist längst Chefsache

Doch das blaugelbe Prestigeobjekt im Mostviertel ist längst Chefsache. Vor kurzem freute sich Landeshauptmann Erwin Pröll (VP), mitteilen zu dürfen, dass die Mariazellerbahn auch "Herzstück der Landesausstellung 2015 sein wird". Die dreigeteilte Schau Eroberung der Alpen - Natur & Technik wird in Laubenbachmühle, in Wienerbruck und im Scheibbser Schloss Neubruck stattfinden. Kurt Farasin, Geschäftsführer der NÖ-Landesausstellungen, stellt sich eine "rollende Schau wie in einem Universum-Film" vor.

Bis dahin sollen auf der traditionsreichen Bahn auch schon die neuen Niederflurgarnituren und Panoramawagen verkehren, die bei der Schweizer Stadler Bussnang AG bestellt wurden. Allein diese "Himmelstreppe" genannten Triebwagen kosten der Növog 65 Millionen Euro. Mitte Dezember wird das erste, in Goldfarbe gehaltene Gefährt angeliefert.

In aller Eile muss deshalb auch noch die Strecke mit ihren 21 Tunneln adaptiert werden. Nicht nur die Oberleitungen der Elektrozüge brauchen ein Lifting, auch die Beleuchtung in den Tunneln muss auf EU-Standard gebracht werden.

Da die neuen Garnituren höher als die alten sind, könnte außerdem die lichte Höhe Probleme bereiten. Möglicherweise muss in einigen Tunneln der Fels bearbeitet werden. Der Gösingtunnel ist mit 2369 Metern Länge nicht nur der längste von insgesamt 21 Tunneln, in der Röhre liegt auch der Scheitelpunkt der Mariazellerbahn bei 891,6 Metern Seehöhe.

Einen Graben weiter, in Obergrafendorf im Traisental, träumt man davon, dass die Növog vielleicht auch für die Wiederbelebung des vor zwei Jahren stillgelegten Zweigs Richtung Mank (früher bis Wieselburg, ganz früher bis Gresten) etwas springen lässt. Die Strecke war nie elektrifiziert, könnte aber zur Hausstrecke einer Erlebnisbahn mit der in Obergrafendorf stationierten Dampflock Mh.6 und anderen historischen Zügen werden.

Obergrafendorfs Bürgermeister Rainer Handlfinger (SP) hat eine Machbarkeitsstudie über einen Bahnaktivpark in Auftrag gegeben. Gemeinsam mit Wirtschaftstreibenden aus der Region würde sich sogar ein Team finden, das der Növog das Unkrautjäten im mittlerweile überwucherten Schienenbett der sogenannten Krumpe abnimmt.

Die Növog will sich freilich noch nicht festlegen. Man stehe aber für alle Diskussionen zur Verfügung, heißt es auf Anfrage des Standard.

Umstrittene Verträge

Für massive politische Kritik sorgen die Kooperationsverträge, die die Növog mit 37 Gemeinden entlang von fünf noch in Betrieb befindlichen Bahnstrecken in Niederösterreich geschlossen hat. Demnach müssen die Orte für die Pflege der Bahnhöfe, die eigentlich dem Land gehören, aufkommen. Dazu gehören Müllentsorgung, Putzen der WC-Anlagen, Blumengießen sowie die Schneeräumung im Winter. SP und FP sprechen von " Knebelverträgen", die Növog hingegen von einem "Schulterschluss". Faktum ist, dass an vielen unbesetzten Bahnhöfen die Klos gar nicht aufgesperrt werden.

Der alte Bahnhof Laubenbachmühle hingegen trotzt dem wachsenden Megakonkurrenten an seiner Seite mit Gepflegtheit und Gelassenheit. Der Stationsvorsteher mit den blonden Dreadlocks gibt höchstpersönlich Auskunft über etwaige Verspätungen - noch. (Michael Simoner, DER STANDARD, 24.7.2012)