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Sparpakete, Schuldenkrise ohne Ende: Stahlarbeiter protestieren in Aspropyrgos bei Athen.

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Meltemi heißt der Juli-Wind, der jetzt durch Athens Straßen fegt und allerlei Gerüchte aus Europa bringt: Staatspleite im September, der Internationale Währungsfonds steigt aus (was dieser halbherzig dementierte), Gehälter und Pensionen werden zur Hälfte in Drachmen gezahlt.

Zunehmend hektisch versucht die griechische Regierung vor dem Besuch der Troika am heutigen Dienstag irgendetwas Vorzeigbares zu präsentieren, das nach Seriosität und Sparwillen aussieht. "Wir müssen es tun. Es ist eine Notwendigkeit", versichert der Sprecher von Fotis Kouvelis, einem der Koalitionspartner in Athen. 3,5 Milliarden Euro fehlten Finanzminister Yiannis Stournaras noch am Montag. Einen Sparplan für die nächsten zwei Jahre wollen die Vertreter der Kreditgeber von EZB, EU und IWF von ihm sehen. So war es im vergangenen März bei der Vergabe des zweiten Rettungskredits an Griechenland vereinbart worden. 11,5 Milliarden Euro soll die Regierung für 2013 und 2014 benennen.

Auf acht Milliarden hat sich Stournaras in den vergangenen Tagen hochgearbeitet. Den neuen Ministern fehle die Erfahrung, heißt es; sie täten sich schwer, Stournaras gegenüber verpflichtende Erklärungen über Einsparungen in ihren Ressorts zu geben. "11,5 Milliarden sind machbar", sagt der Politikwissenschafter und Budgetexperte Dimitris Sotiropoulos. Die Frage ist, wann.

Erst einmal Urlaub

Trotz der akuten Finanzkrise ist ein Teil der Ministerialbürokratie in Urlaub gegangen. Vor dem 15. August - dem Marienfeiertag - werde sich nicht viel bewegen, heißt es in Athen. Es gehe ja nur um Vorgespräche mit der Troika in dieser Woche, beruhigt Sotiropoulos. Eine Lösung des Konflikts zwischen Athen und den Kreditgebern werde im September kommen, so seine Erwartung. Darauf setzt auch die Demokratische Linke von Fotis Kouvelis. "Wir sind gegen weitere Kürzungen bei Gehältern und Pensionen" , bekräftigt sein Sprecher Andreas Papadopoulos, "wir werden andere Sparmaßnahmen finden".

Kouvelis äußerte die Idee, an der Troika vorbei mit den Staats- und Regierungschefs der EU über die Zukunft des Sparprogramms zu verhandeln. Am Donnerstag, wenn Stournaras den Vertretern der Kreditgeber sein Sparpapier vorlegen will, treffen sich auch die Führer der Koalitionsparteien mit Premier Antonis Samaras, um festzulegen, wie Griechenland durch den Sommer kommt. 3,2 Milliarden Euro braucht die Regierung schon einmal bis Ende August, da zu diesem Zeitpunkt eine Anleihe fällig wird.

"Regierung mit Willen"

Er verstehe die ganze Aufregung über den angeblichen Staatsbankrott im September nicht, sagt trotzdem Aggelos Tsakanikas von der Stiftung für Wirtschafts- und Industrieforschung (IOBE), dem Thinktank, den Yiannis Stournaras bis zu seiner Ernennung als Finanzminister im Vormonat führte. "Diese Regierung hat den Willen, das Sparprogramm wieder aufs Gleis zu setzen", versichert Tsakanikas. Man könne aber nicht einfach nur über Sparmaßnahmen diskutieren, ohne die wirtschaftlichen Aussichten zu berücksichtigen - eine Rezession, die sich seit 2008 vertieft und Griechenlands Wirtschaft bisher um mehr als 17 Prozent geschrumpft hat. Die zusätzlichen Kosten für eine Streckung des Sparprogramms um zwei Jahre setzt Tsakanikas mit allenfalls 15 Mrd. Euro an. "Das ist unter den derzeitigen düsteren Bedingungen gerechnet. Wenn die Wirtschaft anspringt, brauchen wir weniger Geld."

Aus dem Finanzministerium kommen derweil auch andere Nachrichten: 60 Prozent der Staatsunternehmen hätten "vergessen", beschlossene Gehaltskürzungen umzusetzen. (Markus Bernath aus Athen, DER STANDARD, 24.7.2012)