Eine internationale Expertengruppe fordert eine frühe medikamentöse Therapie für alle mit dem HI-Virus Infizierten. HIV-infizierte Erwachsene sollten von Anfang an mit antiretroviralen Medikamenten behandelt werden und nicht erst, wenn ihr Immunsystem bereits geschwächt sei, verlangte das Gremium der International Antiviral Society am Sonntag zu Beginn der internationalen Aids-Konferenz in Washington. Neue Studien hätten gezeigt, dass HIV-Infizierte auf diese Weise seltener an anderen Komplikationen erkrankten und ihre Partner seltener ansteckten.

Keine "wissenschaftliche Ausrede" mehr für Nichtstun

"Die geforderten Richtlinien sind ehrgeizig", räumte Aids-Forscherin Melanie Thompson ein. Doch könnten sie eindeutig helfen, Leben zu retten. Gleichzeitig setzte sie sich für mehr Investitionen in die Früherkennung von Infektionen und bessere Behandlung von Patienten weltweit ein. "Meine Botschaft an die Politik ist: Investiert in den Kampf gegen die Epidemie, er rettet Leben", sagte auch die Co-Vorsitzende der Konferenz, Diane Havlir.

25.000 Forscher, Politiker, Aktivisten und Betroffene aus 190 Ländern beraten bis Freitag über den Kampf gegen Aids. Zu Beginn der Konferenz lobten sie die Fortschritte bei der Eindämmung der Epidemie, der in drei Jahrzehnten 30 Millionen Menschen zum Opfer fielen. Gleichzeitig mahnten sie, die Chance, die sich durch die Wissenschaft biete, durch mangelnden politischen Einsatz nicht zu verspielen. 31 Jahre nach dem ersten Toten gebe es keine "wissenschaftliche Ausrede" mehr für Nichtstun, sagte der Chef des US-Instituts für Infektionskrankheiten, Anthony Fauci. (APA, 23.7.2012)