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Der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan versucht mit seiner Regierung an mehreren Fronten den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen zu erschweren.

Foto: Reuters/UMIT BEKTAS

Die türkische Regierung hat das Arzneimittel Misoprostol, das beim medikamentösen Schwangerschaftsabbruch angewendet wird, vom Markt genommen. Das berichtet die internationale NGO Women on Waves auf ihrer Website. Bisher sei der Arzneistoff unter dem Handelsnamen Arthrotec in türkischen Apotheken problemlos zugänglich gewesen.

Bereits Mitte Mai hatte die türkische Regierung mit Plänen für eine Verschärfung des Abtreibungsrechts für Aufsehen gesorgt. Durch zahlreiche Proteste von Frauenorganisationen konnte diese Änderung im Abtreibungsrecht jedoch abgewendet werden.

Einschränkung der Möglichkeiten

Das in der Türkei seit 1983 bestehende Recht auf Schwangerschaftsabbruch in den ersten zehn Schwangerschaftswochen sollte nach Plänen der Regierungspartei AKP noch vor der parlamentarischen Sommerpause auf eine Frist von vier Wochen verkürzt werden. Der türkische Gesundheitsminister Recep Akdağ wollte auch Abtreibungen nach Vergewaltigungen verbieten lassen. Women on Waves und andere NGOs kritisierten bereits im Mai, dass in den ersten vier Schwangerschaftswochen viele Frauen noch gar nicht wüssten, dass sie schwanger sind, und die vorgeschlagene Frist einem faktischen Abtreibungsverbot gleichkomme.

Die Pläne der Regierung wurden zwar durch lautstarken internationalen Protest abgewendet, aber mit dem Verbannen von Misoprostol - in Österreich in der Abtreibungspille Mifegyne enthalten - scheinen sich die RegierungspolitikerInnen darauf verständigt zu haben, den Zugang zu Abtreibungsmöglichkeiten einzuschränken. Bei einem derart restriktiven Zugang zu Misoprostol sei eine sichere und problemlose Abtreibung nicht gewährleistet, kritisiert Women on Waves.

Recht auf Gesundheit und Selbstbestimmung

Der Wirkstoff Misoprostol wird in der Gynäkologie zur Auslösung von Wehen und zur Unterstützung des medikamentösen Schwangerschaftsabbruchs eingesetzt. Wegen dieser wichtigen Indikationen befindet sich der Arzneistoff auf der WHO-Liste der "Essential Medicines". Women on Waves betont immer wieder, restriktive Abtreibungsrechte und Abtreibungsverbote würden nicht verhindern, dass Frauen einen Abbruch vornehmen (lassen), sondern beschnitten vielmehr das Recht auf Gesundheit und Selbstbestimmung der Frauen. (eks, dieStandard.at, 23.7.2012)