Harte Bandagen für die Fledermaus: Bane (Tom Hardy) entpuppt sich als zäher Widersacher Batmans (Christian Bale).

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Trotz aktueller Anspielungen und manch gelungenen Einfalls lässt "The Dark Knight Rises" insgesamt Wendigkeit vermissen.

Wien - Gotham City ist wieder einmal in die Hände eines Bösewichts gefallen. Der Winter liegt über der Stadt, der Fluss ist zugefroren. Einstmalige Würdenträger, die von einem jedem Recht spottenden Gericht ins Exil gezwungen werden, müssen die dünne Eisplatte zu Fuß überqueren. Weil dabei jedoch jeder einbricht, kommt die Strafe einem Todesurteil gleich. Als die Hoffnungslosigkeit am größten ist, geschieht dann - wie so oft im Kino - endlich ein Zeichen: Auf einem Träger der Brücke flammt das lang erloschene Batman-Symbol auf.

Nicht nur, weil es sich dabei um gewöhnliches Feuer handelt - anstatt um Laserstrahl -, mag man bei diesem Bild auch an das Branding eines Massenprodukts denken; an ein Logo, an das so hohe Erwartungen geknüpft sind wie noch bei keinem anderen US-Film dieses Jahr. Man könnte meinen, der Abschluss von Christopher Nolans Batman-Trilogie, The Dark Knight Rises, verkörpere die letzte Hoffnung Hollywoods, global Bedeutung anzuhäufen. Denn TDKR will mehr sein als eskapistische Unterhaltung: popkultureller Heroismus, epischer Mythos, tosendes Spektakel und eben auch Moral. Mit einem Regisseur, der seinen Weltentwurf über funktionelle Abläufe stellt.

Das Geschehen von Aurora, Colorado, lässt den Ereignischarakter des Films nun in einem anderen Licht erscheinen. Ohne diese Publicity hätte sich der Täter wohl nicht für diesen Ort entschieden. Dem Film kann man das schwerlich anlasten, auch wenn Nolan TDKR wie schon die Teile davor mit einer für Comics-Adaptionen unüblichen Schwerkraft versieht. Die Filme sind stärker an reale Welten (und deren Gegenwart) angebunden, als man dies von Blockbustern gewohnt ist - was die Widersprüche, in die sich nun das Finale verzettelt, aber nicht eben geringer macht.

Stimme ohne Körper

Bane, der von Tom Hardy verkörperte Gegenspieler Batmans, ist zuallererst physisch bedrohlich. Die Ledermaske, die er über Mund und Nase trägt, scheint auf seine Stimme wie ein Verstärker zu wirken. Nicht nur aufgrund der harten Aussprache - Hardy bediente sich nach eigener Aussage eines britischen Gypsy-Akzents - bleiben seine Sätze im Raum schweben und klingen dominanter als die aller anderen. Die Stimme Banes ist eine der besten Ideen Nolans, weil sie der Figur etwas Mysteriöses, Unerklärliches gibt, das Angst bereitet. Des Jokers größter Trumpf war ja auch sein Irrsinn, ein Antrieb, der sich nicht rational deuten ließ.

Zur Körperlichkeit der Helden - Batman (Christian Bale) laboriert an Schmerzen im Bein und wird im Film mehrmals hart in die Mangel genommen - kommt Nolans Vorliebe für vergleichsweise elaborierte Psychologien. Er zeichnet eine von physikalischen Gesetzen bestimmte Welt, die von schwer belasteten Helden erst durch Technik überwunden wird. Dazu passt, dass Nolan weiterhin vorzieht, auf Film zu drehen.

Allerdings sind die einzelnen Glieder dieses Films nicht überzeugend angeordnet; seine Wendigkeit bleibt eingeschränkt. Bruce Waynes Zögern, in die Rolle Batmans zurückzuschlüpfen, Banes sich langsam vollziehender Plan, die Intermezzi mit Selina Kyle (Anne Hathaway gibt die Juwelendiebin ohne allzu forcierte Catwoman-Anleihen, aber mit feinem Humor) - sie stehen eher starr, blockartig nebeneinander, anstatt ineinanderzugreifen. Der mit hoher Bassfrequenz dahintreibende Score Hans Zimmers übernimmt wie schon in Inception die Funktion, über manche gröbere dramaturgische Nahtstelle das Geschehen am Laufen zu halten. Solche in hohen Frequenzen ablaufenden Montagestückerl werden langsam zu Nolans Markenzeichen.

Im Occupy-Terrain

Anstatt Dynamik zu erzeugen, häuft der Film Szenen an und verliert sich immer wieder in Nebenplots. Die Erzählung drängt beständig auf Bedeutsamkeit. Bane arbeitet mit einem Heer an Zukurzgekommenen an einem Umsturz der Verhältnisse in Gotham City. Sein erster Arbeitstag führt ihn in die Börse, um dort nach seinem Sinne umzuverteilen. Mit einer Nuklearwaffe will er dann seine Herrschaft absichern. War The Dark Knight mit seinem Entwurf einer chaotischen Welt noch mit 9/11-Nachwehen beschäftigt, so sucht TDKR nun die Analogie zur Occupy-Bewegung und zum Zorn der vielen Benachteiligten.

Doch in Christopher und Jonathan Nolans Variante der Geschichte werden die revolutionären Floskeln nach Belieben in den Raum geschleudert: Es genügt, wenn der Film ein zeitgenössisches Outfit hat - eine kohärente Geschichte braucht er nicht. Banes ganzer Aufruhr verfolgt letztlich keinen anderen Zweck als mutwillige Zerstörung. Und über das Bild der tapferen Polizisten und des wohltätigen Milliardärs, die für das Heil der Stadt alles geben, braucht man eigentlich kein Wort mehr zu verlieren.

Nolans Finale der Trilogie versucht viel zu angestrengt, All- inclusive-Kino zu bieten: Er glaubt daher, jeden schattigen Winkel der Fledermaushöhle mit Relevanz füllen zu müssen. Daraus ist eine überlange Kraftanstrengung geworden, vor der man kapituliert. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD, 24.7.2012)