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Die Steueroase Schweiz dürfte weiter austrocknen.

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Anton-Rudolf Götzenberger empfiehlt Österreichern stattdessen Zypern.

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Die Schweiz galt lange Zeit als eine der Steueroasen. Aber Steuerabkommen mit Deutschland und Österreich und umstrittene Ankäufe von Steuer-CDs bringen auch diese "Festung" ins Wanken. Wo es sich jetzt noch lohnt, sein Geld hinzubringen, was es bedeutet, steuerschonend Geld anzulegen, und warum das alles moralisch vertretbar ist, erklärt der Steuerexperte Anton-Rudolf Götzenberger.

derStandard.at: Ist die Schweiz noch immer eine Steueroase?

Götzenberger: Nein, überhaupt nicht. Die Schweiz ist das schon lange nicht mehr, ich empfehle sie seit mehreren Jahren nicht mehr für Schwarzgeldkonten. Bei diversen Banken, die ihre Kundendaten verkaufen, muss man sich fragen, warum sie ihre Kunden nicht gleich am Eingang namentlich anschlagen. Sie sehen ja die Affären mit den Steuer-CDs und den Namen, die dort verkauft werden. Als Geldanleger muss man sich verraten und verkauft fühlen. Also inwiefern soll die Schweiz eine empfehlenswerte Adresse für diskrete Geldanlage sein? Das Bankgeheimnis steht einem Auskunftsersuchen für Steuerzwecke schon lange nicht mehr entgegen.

derStandard.at: Wo sollten Österreicher ihr Geld hinbringen?

Götzenberger: In meinem Buch habe ich zusammen mit einem Experten vor Ort ein Zypern-Modell vorgestellt, das speziell für Österreicher attraktiv ist. Das funktioniert ganz legal unter Nutzung des österreichisch-zypriotischen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA), der darin verankerten Freistellungsmethode und der Tatsache, dass in Zypern die Dividenden und Kursgewinne steuerfrei sind. Diese Steuerfreiheit für Dividenden und Kursgewinne im Rahmen von Aktienanlagen lässt sich mit einer Kombination von zypriotischen Personen- und Kapitalgesellschaften bis zum österreichischen Anteilseigner hochschleusen. Das ist nur in Österreich möglich. Ein besseres Modell gibt es nicht, es gilt allerdings nicht für Zinsen.

derStandard.at: Was bedeutet Doppelbesteuerungsabkommen?

Götzenberger: Das sind bilaterale Abkommen zwischen zwei Staaten auf dem Gebiet diverser Ertragssteuern. Für einzelne Einkünfte wird das Besteuerungsrecht dem einen oder dem anderen Staat zugewiesen, und der andere Staat kann die Einkünfte entweder freistellen oder die gezahlten Steuern im anderen Staat anrechnen. Damit soll einer doppelten Besteuerung eines Steuersubjekts für dieselben Einkünfte entgegengewirkt werden. Das DBA Zypern spricht die Besteuerung für die genannten Kapitaleinkünfte Zypern zu und nicht Österreich. Und wenn Zypern nicht besteuert, dann zahlt der Österreicher eben auch keine Steuern. Das ist ganz legal und ist auch moralisch vertretbar, weil das Gesetz das so hergibt.

derStandard.at: Worauf kommt es beim steuerschonenden Anlegen an?

Götzenberger: Man muss sich ein geeignetes Niedrigsteuerland suchen, in dem man seine Konten eröffnet, und dabei die Möglichkeiten erarbeiten, wie man mit DBAs das niedrige Besteuerungsniveau des anderen Staates nutzen kann. Das gilt für Österreicher und Deutsche genauso. Wenn ein Staat ein niedrigeres Steuerniveau hat als ein Staat wie Deutschland oder Österreich, dann kann ich mich auf dieses niedrigere Steuerniveau runterschleusen und kann dort ganz legal Geld anlegen.

derStandard.at: Würden Sie sagen, dass es sich auch für den kleinen Sparer rentiert, sein Geld steuerschonend anzulegen?

Götzenberger: Nein, kleinen Sparern bleibt meistens nichts übrig, als alles legal zu versteuern, weil sich solche Modelle mit im Regelfall Kapitalgesellschaften, die bestimmte Kriterien erfüllen müssen, also keine reinen Briefkastengesellschaften sind, erst ab einer gewissen Summe lohnen.

derStandard.at: Ab welcher Summe lohnt es sich?

Götzenberger: Der Richtwert ist eine Million aufwärts. Rechnen Sie mit 100.000 Euro an Erträgen im Jahr. Wenn ein Viertel Kapitalertragssteuer abgezogen wird, sind das 25.000. Und wenn so eine Firmenkonstruktion etwa fünf- bis zehntausend Euro an Administrationsgebühren kostet, habe ich nur etwa zehntausend Euro im Jahr gespart. Der eine oder andere mag vielleicht behaupten, das lohnt sich schon, der andere wird erst mit höheren Summen auf diesem Niveau agieren wollen.

derStandard.at: Was hat die Schweiz als Steueroase ausgezeichnet und was zeichnet sie jetzt nicht mehr aus?

Götzenberger: Bestimmte Schweizer Banken haben früher Geld geworben unter dem Vorwand "Wir sind nicht die Steuerpolizei von Hochsteuerländern und nicht der verlängerte Arm der Finanzverwaltung". Und damit konnten sie Gelder aus Hochsteuerländern anlocken, auch aus Deutschland und Österreich. Jetzt schlägt das ins Gegenteil um: Die Institute schieben in allen Fällen den Schwarzen Peter ihren Kunden zu und sagen ihnen, ihr müsst die steuerliche Situation zu Hause selber klären.

Dieser Wandel und, was die jüngste Affäre der Credit Suisse angeht, der Verrat der Anleger werden diesem Finanzplatz sicherlich schaden. Ob es ein Schaden für den Auslandsgeldgeber ist, wenn er sich von der Schweiz abwendet, würde ich dahingestellt lassen. Ich habe schon einige Selbstanzeigen betreut, dabei hat kaum einer sein Vermögen mehren können, so dass viele Steuern nachzuzahlen gewesen wären. Aber die Gebühren waren entsprechend hoch.

derStandard.at: Was passiert bei einer Selbstanzeige?

Götzenberger: Man muss die Kapitaleinkünfte der letzten zehn Jahre nachrechnen und nachdeklarieren und selbstverständlich die Steuern mit den Hinterziehungszinsen nachzahlen. Lässt man so etwas von einem Profi machen, ist das Ganze eigentlich ganz problemlos.

derStandard.at: Ist steuerschonendes Anlegen nicht hochriskant?

Götzenberger: Man muss es halt richtig machen. Wenn man eine Konstruktion wählt, die unter dem zugrunde liegenden Steuerrecht in Verbindung mit Doppelbesteuerungsabkommen entsprechend etwas hergibt, so wie das erwähnte Zypern-Modell, dann ist das nicht riskant, sondern ganz legal.

derStandard.at: Legal mag es sein, aber ist es moralisch vertretbar?

Götzenberger: Wenn es das geltende Gesetz hergibt, dass ich so eine Konstruktion machen kann, dann hat das mit Moral nichts zu tun. Wenn der Gesetzgeber das nicht will, muss er entsprechende Änderungen vornehmen, was auch in der Vergangenheit gemacht wurde.

derStandard.at: Global gesehen: Wo liegen die aktuellen Steueroasen?

Götzenberger: Möglich sind das Dubai International Financial Center, Ras-Al-Khaimah-Gesellschaften oder auch Singapur. In Dubai fallen zum Beispiel keine Steuern auf Kapitaleinkünfte an, es gibt auch die EU-Zinsrichtlinie nicht. Sicherlich ist der Anleger verpflichtet, diese Erträge in seiner Steuererklärung anzugeben. Weist aber das Doppelbesteuerungsabkommen das Besteuerungsrecht für die Kapitaleinkünfte dem anderen Staat zu, ist es in dem Wohnsitzstaat steuerfrei und unterliegt nur dem Progressionsvorbehalt (Einkünfte, die zwar steuerfrei sind, aber die übrigen steuerpflichtigen Einkünfte erhöhen, Anm.).

derStandard.at: Was halten Sie von den Steuerabkommen der Schweiz mit Deutschland und Österreich? Werden jetzt mehr Länder versuchen, die Steuern aus anderen Ländern wieder einzutreiben?

Götzenberger: Die Steuerabkommen werden wahrscheinlich auch mit anderen Ländern abgeschlossen. Italien hat, soviel ich weiß, auch Verhandlungen aufgenommen. Die Schweiz will damit dem automatischen Informationsaustausch entkommen, der in einigen Jahren in den EU-Ländern eingeführt wird. Dann ist es kaum mehr möglich innerhalb der EU diskrete Gelder zu haben. Aber man muss mal abwarten. (Clemens Triltsch, derStandard.at, 23.7.2012)