Paris/Belgrad - Der Dichter Ali Podrimja (70), einer der wichtigsten zeitgenössischen Lyriker des Kosovo, ist am Samstag tot in Frankreich aufgefunden worden. Podrimja hatte am Poeten-Festival "Voix de la Mediterranee" in der südfranzösischen Stadt Lodève teilgenommen. Nach einer Lesung am 18. Juli war er verschwunden. Auch die Festivalleitung bestätigte den Tod des Dichters. Demnach war die Leiche Podrimjas vier Kilometer außerhalb der Stadt in einer bewaldeten Region neben einem Bach entdeckt worden. Nach Angaben der örtlichen Präfektur habe sie keine Spuren von Gewalt aufgewiesen. Am Dienstag solle eine Obduktion stattfinden.

Im Kosovo wurde der Tod des Dichters Medienberichten zufolge mit Bestürzung aufgenommen. Präsidentin Atifete Jahjaga sprach von einem großen Verlust. Außenminister Enver Hoxhaj sagte in Pristina: "Der Verlust (...) eines Dichters von internationalem Ruf ist nicht nur ein Verlust für seine Familie und Freunde, sondern auch für Kosovos Kultur." Die Akademie der Wissenschaften und Künste des Kosovo erklärte, mit seiner Lyrik sei Podrimja über Jahrzehnte die Stimme gewesen, die Leid und Hoffnungen des Kosovo artikuliert habe.

Der Dichter war unter anderem mit dem Nikolaus-Lenau-Preis der Künstlergilde Esslingen ausgezeichnet worden. Der 1942 geborene Podrimja hatte nach dem Studium der albanischen Sprache und Literatur zunächst als Journalist gearbeitet. 1957 publizierte er erste Gedichte, seit 1961 entstanden zehn Lyrikbände, erzählende Prosa und verschiedene Essays über Literatur und Kunst. Seine Werke wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Auf Deutsch erschien unter anderem der Gedichtband "Ich sattle das Ross den Tod" (1991), nach Angaben des Internationalen Literaturfestivals Berlin die erste deutschsprachige Buchveröffentlichung eines zeitgenössischen albanischen Lyrikers überhaupt. (APA, derStandard.at, 22. 7. 2012)