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Ein Videostill zeigt eine Szene im Viertel Naher Aisha in Damaskus. Den dritten Tag in Folge konnte die syrische Armee die Rebellen nicht völlig aus der syrischen Hauptstadt vertreiben.

Foto: EPA/SHAAM MEWS NETWORK/HANDOUT

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Quelle: APA

Damaskus/Wien - Bis Freitag - da läuft das Mandat der Uno-Beobachtermission in Syrien aus - haben die Sicherheitsratsmitglieder noch Zeit. Aber zu Wochenmitte gab es keine Anzeichen dafür, dass die Pattsituation zwischen den westlichen Vetomächten USA, Großbritannien und Frankreich einerseits und Russland und China andererseits aufgebrochen werden könnte. Es könnte bereits am Mittwoch zu einer Abstimmung - und Ablehnung - einer neuen Syrien-Sanktion im Sicherheitsrat kommen.

So machtlos und umstritten sie ist, aber wenn die Unsmis (U.N. Supervision Mission in Syria) dem Richtungsstreit im Uno-Sicherheitsrat in Syrien zum Opfer fällt, dann ist das ein diplomatisches Desaster, vergleichbar dem vor dem Irakkrieg im März 2003 (wo allerdings Frankreich auf der anderen Seite stand). Die Unsmis ist die letzte Verbindung zum Regime Assad und die letzte minimale Chance auf Einfluss von außen in Syrien. Russland und China sind ja noch immer nicht bereit, ihre - viel größeren - Möglichkeiten auszuschöpfen.

Frage des militärischen Eingreifens

Der Knackpunkt ist Kapitel VII der UN-Charta, unter dem eine neue Syrien-Resolution laut USA, Großbritannien und Frankreich unbedingt beschlossen werden müsste. Kapitel VII sieht, vereinfacht gesagt, eine verpflichtende Umsetzung der vom Sicherheitsrat beschlossenen Maßnahmen vor, was in allerletzter Konsequenz zu einem militärischen Eingreifen führen könnte.

Und hier schalten die Russen und die Chinesen auf stur. Eine Chapter-VII-Resolution sehen sie als eine Eskalationsstufe auf genau diesem Weg zur militärischen Intervention in Syrien: Davor könnten sie zwar noch immer ein Veto einlegen, aber sie verweisen auf ihre schlechte Erfahrung mit der Libyen-Resolution im März 2011: Deren Mandat, der Nato gegeben für eine humanitäre Intervention, wurde für einen Regimewechsel missbraucht.

Kämpfe in Damaskus

Das Morden in Syrien geht in der Zwischenzeit weiter. Den dritten Tag in Folge wurde auch in Damaskus gekämpft, wobei die Brandherde immer näher an das Stadtzentrum heranrücken, wie etwa im Viertel Midan. Dass die Flughafenstraße gesperrt werden musste - wenn diese Meldung denn stimmt -, zeigt die Dramatik der Lage.

Die militärische Einschätzung fällt nicht leicht. Es ist unbestreitbar, dass die Angriffe der Rebellen in der vergangenen Woche - auch ermutigt durch die ersten wirklich hochrangigen Desertionen von syrischen Regimemitgliedern, besonders von Manaf Tlass - an Kraft gewonnen haben. Aber noch immer gilt, was auch zuvor gegolten hat: Die Rebellen haben keine größeren territorial zusammenhängenden Gebiete erobert und gesichert, die ihnen als Rückzugsgebiete - und als Stützpunkte für effiziente Hilfe von außen, wie das in Libyen der Fall war - dienen könnten.

Wenn die syrische Armee eingreift, erobert sie die von Rebellen gehaltenen Gebiete immer wieder zurück, sie beginnt dabei erst langsam, alle Mittel einzusetzen. Die Rebellen schöpfen noch immer nicht aus dem Vollen, was die Waffen betrifft, es ist unklar, was sie alles haben - auch wenn das mehr ist als vor ein paar Monaten.

Zusammenarbeit mit Al-Kaida

Der abgesprungene Diplomat Nawaf al-Fares, ebenfalls ein Regime-Insider, dient als neue Quelle dafür, was Assad im Sinn haben könnte. Experten sind skeptisch, ob Fares nicht einfach nur voll in die Oppositionspropaganda eingestiegen ist: Demnach arbeitet Al-Kaida, wenn es sie denn gibt, mit Assad zusammen, und das Regime bereitet den Einsatz von Chemiewaffen vor.

Dass das Regime bereits so verzweifelt ist, um zu solchen Mitteln zu greifen - denn da würde eine Intervention wohl unausweichlich -, dafür gibt es keine Anzeichen. Andererseits laufen die Assads und ihre Gefolgsleute wie die Lemminge dem Abgrund zu - im Wissen, dass es zwischen Sieg und Niederlage nichts gibt. Das macht alles möglich.

Dass keine Exitstrategie für Assad entwickelt werden kann, das verhindern Russland und China. Allerdings gibt es zu denken, dass sie das auch nicht für nötig zu halten scheinen. Das heißt, sie glauben weiter daran, dass das Regime überleben kann, auch angesichts der Kämpfe in Damaskus. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 18.7.2012)