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Die letzte Hürde ist genommen: Bundespräsident Fischer unterzeichnet den Fiskalpakt und den europäischen Schutzschirm ESM.

Foto: reuters/herwig prammer

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Stand der Ratifizierungen nach Ländern und deren Einzahlungen beziehungsweise Garantien.

grafik: apa

Bundespräsident Heinz Fischer hat am Dienstag den Fiskalpakt und Vertrag für den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) unterzeichnet. In einer Aussendung erklärte das Staatsoberhaupt, dass die Ratifizierung "auf Basis der einschlägigen Bestimmungen der Österreichischen Bundesverfassung und nach sorgfältiger Prüfung aller Gesichtspunkte" erfolgt sei. "Überzeugende oder gar zwingende Gründe, die im Sinne der herrschenden Staatsrechtslehre eine Verweigerung der Ratifizierung erforderlich machen würden, nämlich offenkundige Verfassungswidrigkeit in verfahrensrechtlicher oder materieller Hinsicht, liegen nicht vor", begründete Fischer seine Unterschrift.

Nach dem Beschluss im Parlament ist damit die letzte Hürde für das Inkrafttreten des Fiskalpaktes und des ESM in Österreich genommen. Die österreichische Beteiligung am ESM liegt bei rund 2,2 Mrd. Euro in Cash sowie weiteren 17,3 Mrd. Euro an Garantien. Ziel des ESM ist, Euro-Krisenstaaten wie Griechenland vor einem Kollaps durch unbezahlbar hohe Anleihezinsen zu schützen. Der Fiskalpakt soll ein Ende der Schuldenpolitik in Europa bringen. Angestrebt werden nahezu ausgeglichene Budgets. Das jährliche strukturelle - also um Konjunktur- und Einmaleffekte bereinigte - Defizit eines Landes darf 0,5 Prozent der Wirtschaftskraft nicht übersteigen.

Zusammenarbeit unverzichtbar

Für Fischer stellen ESM und Fiskalpakt zwei Elemente eines umfassenden Euro-Stabilisierungspaketes dar. "Mit dem ESM soll ein dauerhafter Schutzschirm eingerichtet werden, der letztlich verhindern solle, dass auf den Bankrott von Staaten spekuliert und ein wirtschaftlicher Flächenbrand ausgelöst wird, der bis zum Auseinanderbrechen der Währungsunion mit unvorhersehbaren ökonomischen Folgen führt. Der ESM liegt somit im Interesse aller Mitgliedsstaaten des Euroraums", erklärte Fischer.

Da mit dem ESM Haftungen der ESM-Mitglieder verbunden sind, ist für Fischer die Gewährleistung einer "soliden Budgetpolitik" notwendig. Der Fiskalpakt solle dabei die Haushaltsdisziplin stärken und die Wirtschafts-, Finanz- und Haushaltspolitiken der Vertragsparteien dieses Staatsvertrages besser miteinander koordinieren. Darüber hinaus steht für den Bundespräsidenten aber auch fest, "dass die konsolidierende Wirkung des Fiskalpaktes durch eine Politik der Wachstumsimpulse und der Investitionen ergänzt werden muss".

Keine Änderung von EU-Primärrecht

Für den Bundespräsidenten ist die Rechtsmeinung der Bundesregierung "durchaus schlüssig", dass es sich beim Fiskalpakt um einen völkerrechtlichen Vertrag und nicht um eine Änderung des EU-Primärrechtes handelt, für die im Parlament eine Zwei-Drittel-Mehrheit oder ein eigenes Verfassungsgesetz notwendig gewesen wären. Letzteres hatte die Opposition gemeint, die den Fiskalpakt beim Verfassungsgerichtshof anfechten will. Bezüglich des ESM verweist Fischer auf die Zustimmung der Grünen im Parlament und darauf, dass seitens der Staatsrechtler keine ins Gewicht fallenden Bedenken geäußert worden seien.

Konkret zu der von allen drei Oppositionsparteien angekündigten Verfassungsklage gegen den Fiskalpakt stellt Fischer fest, wenn er die Ratifizierung verweigert hätte, dann hätte er auch er eine Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof verhindert, da im Falle einer Verweigerung der Ratifizierung eine Anfechtung vor dem Verfassungsgerichtshof in Österreich nicht möglich ist. "Wenn der Bundespräsident aber die Ratifizierung im Sinne der herrschenden Lehre und im Sinne der Rechtsauffassung von Regierung und Parlamentsmehrheit vornimmt, dann eröffnet er zugleich den Oppositionsparteien die Möglichkeit ihren Standpunkt vor den Verfassungsgerichtshof zu bringen, der dann endgültig entscheidet."

Fast vollständige Ratifizierung

Den ESM haben beinahe alle Mitglieder der Eurozone bereits ratifiziert. Allein eine Zustimmung Deutschlands und Italiens, die einen Anteil von 27 bzw. 18 Prozent des Schutzschirmes stellen, ist noch ausständig. Da mindestens 90 Prozent des eingezahlten Kapitals vertreten sein müssen, verzögern sie das Inkrafttreten des Stabilitätsmechanismus. In Italien ist die Zustimmung der zweiten Abgeordnetenkammer noch ausständig, sie soll bis zum 20. Juli erfolgen. In Deutschland liegt die Entscheidung in den Händen des Verfassungsgerichtshofes, der angekündigt hat, sein Urteil am 12. September verkünden zu wollen.

Eine Ratifizierung des Fiskalpaktes haben die meisten EU-Staaten bis nach der parlamentarischen Sommerpause verschoben. Bereits zugestimmt haben neben Österreich auch Spanien, Griechenland, Portugal, Irland, Slowenien und Zypern. Um in Kraft treten zu können, benötigt der Fiskalpakt die Zustimmung von mindestens zwölf der 25 Vertragsstaaten (EU-27 ohne Tschechien und Großbritannien). Seitdem Frankreich beim EU-Gipfel Ende Juni seinen Widerstand aufgegeben hat, gilt eine Umsetzung des europaweiten Sparplanes als fix. (APA, 17.7.2012)