Zurzeit tobt eine Art Volksbefragungs-Krieg um die Zukunft der Parkraumbewirtschaftung in Wien. Dieser Konflikt hat mehrere Schauplätze, einen rein politischen Diskurs sowie einen Gutachterstreit, ob die Stadtverfassung überhaupt eine Volksbefragung in einer Angelegenheit zulässt, welche Abgaben berührt. Dabei gibt es eine viel wichtigere Frage, nämlich die nach dem konkreten Inhalt der Volksbefragung. Die Fragestellung, welche die Ausweitung der flächendeckenden Kurzparkzonen als (nicht nur abgabenrelevante) Verkehrsangelegenheit betrifft, sollte indes am besten im Konsens gefunden werden, und sie sollte(n) klar und eindeutig sein.

Bürgermeister und Vizebürgermeisterin haben längst erkannt, dass der Zug Richtung direktdemokratischer Beteiligung bereits abgefahren ist und sich jetzt nur noch die Alternative bietet, entweder das Gesetz des Handelns und damit die Volksbefragung selbst zu bestimmen oder dieses Feld kampflos der Opposition zu überlassen. Wir befinden uns bereits in der Vorbereitungsphase einer wichtigen direktdemokratischen Veranstaltung.

Fragestellung

Daher darf hier gleich an die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs erinnert werden, wonach eine Fragestellung bei einer Befragung nicht suggestiv sein darf. In einem Erkenntnis (VfSlg 15.816/2000) hat der VfGH klargestellt, dass "das Substrat dessen, was den Wahlberechtigten zur Entscheidung vorgelegt wird, klar und eindeutig" sein muss. Die unverschämte Grazer Frage nach einer Verlängerung einer Straßenbahnlinie, die angeblich zu einer Verbesserung des öffentlichen Verkehrs nichts beitragen konnte, führte zur Aufhebung der Verordnung, welche die Frage festlegte, und zur Nichtigerklärung des gesamten Verfahrens der Grazer Volksbefragung.

Wenn sich Wien das ersparen will, werden Beisätze wie "Luftverbesserung" , "Linderung der Parkplatznot" und ähnliche Euphemismen dort bleiben müssen, wo sie hingehören: im Inseratenreich der Fantasie. Und da bei einer klaren Frage nach Ausweitung der Zonen die Antwort von rund 150. 000 Stimmberechtigten jetzt schon klar ist, wäre es das Beste, auch verkehrspolitische Alternativen wie die gar nicht so abwegige Einfahrtsmaut für Kfz ohne Wiener Kennzeichen aufs Tapet zu bringen. Denn die Citymaut, die bei der letzten Volksbefragung (übrigens auch ohne Hemmung bezüglich der Abgaben-Nähe) viel zu nebulos erfragt wurde, hätte denselben oder sogar einen stärkeren Lenkungs- und Abgabeneffekt für die Stadt, ohne die Bevölkerung der westlichen Gemeindebezirke zur Kasse bitten zu müssen. Vielleicht würden das die Stimmberechtigten im Herbst des Jahres auch mehrheitlich so sehen, weshalb anzuregen ist, diese Frage präziser (z. B. Maut ab Stadtgrenze für Nichtwiener Fahrzeuge) neuerlich zu stellen. (Gerhard Strejcek, DER STANDARD, 17.7.2012)