Erste Eindrücke von Peter Knauseders Reise gibt's in dieser Ansichtssache.

Foto: Peter Knauseder

Die letzten Tage vor meiner Abreise waren noch ausgefüllt mit Vorbereitungen und Besuchen bei Freunden und Verwandten, so dass ich es noch gar nicht wirklich realisiert habe, dass meine Reise nun tatsächlich starten wird, als ich "plötzlich" in Kapstadt am Flughafen stehe.

Ich will gleich am ersten Tag den Tafelberg besteigen, doch leider macht mir das Wetter einen Strich durch die Rechnung. Die berühmte "Table Mountain Clowd" macht nicht den Eindruck, als würde sie sich in absehbarer Zeit noch auflösen. Also wandere ich mit einer Salzburgerin, die ich in meinem Hostel kennengelernt habe, auf den Lionshead, einen Berg in der Nähe, von dem aus man zumindest einen guten Blick auf diese Wolke hat, aber auch auf die restliche Stadt.

Kapstadt hat Charme, es wirkt, als sei die halbe Welt hier zu Gast oder habe zumindest ihre Spuren hinterlassen. Fühle ich mich im einen Moment noch wie in einer amerikanischen Vorstadt, bin ich zwei Straßen weiter bereits in einem malaysischen Viertel mit gänzlich anderen Leuten und einer anderen Architektur.

Zwielichtige Gestalten um die Long Street

Obwohl die stark gesicherten Zäune rund um die meisten Grundstücke sicher nicht nur der Zierde dienen, fühle ich mich auf meinen Spaziergängen durch die Stadt eigentlich relativ sicher, wenn ich auch nicht unbedingt in der Nacht in manchen Gegenden sein möchte. Meiner Einschätzung nach ist vielleicht sogar das als eher sicher geltende Touristenzentrum rund um die Long Street mit seinen vielen Bars und Hotels eine der gefährlicheren Gegenden der Stadt. Besonders in der Nacht warten hier etliche zwielichtige Gestalten darauf, angetrunkene Touristen um ihre Wertsachen zu erleichtern.

Richtung Namibia verändert sich die Landschaft schnell: Während rund um Kapstadt gerade Regenzeit ist, herrscht im Norden Trockenheit. Trockene Savanne wechselt sich mit bizarren, vom Wind geformten Steinformationen ab, etwa so habe ich mir diese Weltgegend vorgestellt.

Ich erreiche Windhoek erst relativ spät am Abend, und da es um diese Zeit in der Stadt ohnehin nicht viel zu tun gibt, gehe ich mit dem etwa gleichaltrigen Kenianer Yoseph in eine nahe Bar auf ein Bier oder zwei oder drei ...

Mit der Zeit tut der Alkohol seine Wirkung und mein Gegenüber erzählt mir, wie er bis vor etwa einem Jahr bei den Piraten in Somalia gearbeitet habe. Nachdem einige seiner Kollegen verhaftet wurden, stieg er aus der ganzen Sache aus und gründete mit dem Geld, das er in dieser Zeit verdient hatte, ein "Business", für das er nun in Namibia sei.

Ganz nah am Essen

Am nächsten Tag lädt mich Yoseph ein, mit ihm zu Mittag zu essen. Wir fahren in die Township Katuttura auf den Fleischmarkt. Das Schlachten, Zerteilen, Braten und Verkaufen der Tiere findet hier alles auf ein und demselben Platz statt. Wir bestellen eine große Portion "Rinderallerlei" mit Salat und stellen uns an einen gerade nicht benutzten Metzgertisch, um zu essen. Die Leute sind alle sehr bemüht um mich und ausgesprochen freundlich und fragen mich besorgt, ob es mir denn etwa nicht schmecken würde, da ich nur so zögerlich zugreife. Auf dem Nebentisch wird währenddessen ein Rind ausgeweidet, mir dreht sich fast der Magen um. Doch, doch!, sage ich, ich bin nur noch satt vom Frühstück.

Ich weiß, dies ist alles vollkommen natürlich und wir verwöhnten Westeuropäer haben einfach nur den Bezug zu unseren Nahrungsmitteln verloren, doch so nahe wie jetzt wollte ich meinem Essen trotzdem nie kommen.

Windhoek ist sonst eine sehr angenehme Stadt, doch wirklich viel zu sehen gibt es auch nicht. Breite Straßen, Shoppingmalls, dazwischen ein paar Gebäude aus der deutschen Kolonialzeit.

Von Windhoek aus fahre ich mit Minibussen weiter bis über die Grenze nach Botswana. Diese Transportmittel fahren meist erst los, wenn sich genügend Passagiere gefunden haben, und so warte ich oft stundenlang, bis wir endlich starten.

Warten auf den Minibus

In Botswana werde ich an einer Straßenkreuzung abgesetzt, wo ich auf den nächsten Bus nach Ghanzi, dem Zentralort der Kalahari, warten soll, der in absehbarer Zeit dort vorbeikommen sollte. Eine Gruppe steht schon dort, und ich geselle mich zu ihnen. Die Sonne sinkt tiefer und tiefer, doch kein Bus ist in Sicht, und nachdem die Grenze geschlossen hat, kommen schließlich gar keine Autos mehr vorbei.

Als wir schon beginnen, Feuerholz für die Nacht zu sammeln, hält noch ein Truck an, doch es gibt nur einen freien Platz. Die anderen Wartenden drängen mich geradezu mitzufahren, und obwohl diese Nacht im Freien sicher auch sehr interessant geworden wäre, steige ich sehr gerne ein. Zu den jazzigen Klängen von Radio Botswana fahren wir die restlichen 200 Kilometer durch die nächtliche Kalahari, es fühlt sich irgendwie unwirklich an.

Ghanzi selbst ist zwar nicht viel mehr als ein größeres Dorf und es gibt nahezu nichts zu tun, doch es hat irgendwie Atmosphäre, so abgeschieden von der Welt. Ich bleibe zwei Tage. (Peter Knauseder, derStandard.at, 16.7.2012)