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Hallstatt-Kopie in China.

Foto:Vincent Yu/AP/dapd

Auf den ersten Blick sieht es genauso aus wie das Château de Maisons-Laffitte. In Pekings Vorort Changping hat sich Bauunternehmer Zhang Yuchen das Schloss als Fünf-Sterne-Hotel nachgebaut - allerdings mit Verbesserungen nach chinesischer Art: So stammen die angehängten Flügelbauten vom Jagdschloss Fontainebleau; die Säulengänge hat er Berninis Kolonnaden in Rom abgeguckt. Und der Park gleicht den Gärten von Versailles.

Zhang hat für seinen Nachbau sogar Kalkstein aus Frankreich eingeführt, das ganze Projekt kostete ihn 100 Millionen Euro. Peking-Laffitte gibt nicht nur eine romantische Fotokulisse für chinesische Hochzeitspärchen ab oder teurere Werbeshows. Es ist auch der Krönungsbau für Zhangs lukratives Immobilienprojekt auf dem weitläufigen Gelände, auf dem einst chinesische Bauerndörfer standen. Ihre Felder wurden Baugrund für teure Villen. Deren Besitzer können nun das Schloss bewundern.

Nachbauten westlicher Architektur

Überall in China entstehen derzeit Nachbauten westlicher Architektur, am beliebtesten ist ein europäischer Gebäudestil. Manche Nachbauten sind indes zum Misserfolg verdammt. Shanghai scheiterte mit seinem Plan, neuen Stadtteilen das Flair europäischer Kleinstädte zu verleihen. So entstand etwa Shanghai-Anting, gebaut nach deutschem Vorbild im Bauhausstil, sehr umweltfreundlich, mit Kirche, Marktplatz und Springbrunnen. Shanghai-Thames Town wurde das britische Pendant. Beide verkommen heute zu Geisterstädten.

Das Konzept, begüterte Shanghaier Bürger an den Stadtrand in eine von neun geplanten "Satellitenstädte aus aller Welt" zu locken, ging nicht auf. Shanghai legte alle weiteren Pläne für Klein-Italien, Klein-Spanien, Klein-Holland oder Klein-Schweden auf Eis.

Doch Chinesen geben so leicht nicht auf. Schlagzeilen machten jüngst clevere Tourismusmanager der China Minimetals Cooperation mit ihrem Nachbau des österreichischen Hallstatt in Guangdongs Huizhou. Sie investierten dafür 720 Millionen Euro. Ihr Kalkül scheint aufzugehen: Seit Anfang Juni konnten sie 150 der 400 Villen zum durchschnittlichen Quadratmeterpreis von knapp 1100 Euro verkaufen, das Doppelte des regionalen Standards.

Kaum traditionelle Häuser

In China mehrt sich aber nun Kritik an all den geklonten Bauten, "denen jede Seele fehlt" und die daher "ein Haufen Müll sind", wie die China Business Times wetterte. Die Xinhua Meiri Dianxun schrieb: "Es ist gut, wenn wir von ausländischer Baukunst lernen. Aber schlecht, wenn wir sie nur abkupfern." Nur 5000 von 600.000 Dörfern Chinas hätten noch traditionelle, wertvolle Bausubstanz: "Warum erhalten und renovieren wir diese nicht?"

Kontrovers wird auch die touristische Erschließung Tibets gesehen. In der südöstlichen Präfektur Lingchi, 400 Kilometer von Lhasa entfernt, wollen Investoren in drei Jahren 22 Touristendörfer bauen - eines sollte ein Dorf nach Schweizer Vorbild werden. Xinhua schrieb von "neuen Visitenkarten für den Tourismus".

Doch Pläne des von Guangdongs Stadt Dongguan 2011 beauftragten US-Immobilienentwicklers Leisure Quest International, als Erstes den malerischen Landflecken Lulang zum Tourismuszentum umzubauen, sollen beiseite gelegt worden sein. Die Designs waren den Auftraggebern, wie die Zeitung Dongguan Shibao schreibt , nicht "tibetisch" genug. Ein Design-Institut in Shenzhen sei nun damit befasst. (Johnny Erling aus Peking, DER STANDARD, 16.7.2012)