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Wer Rosen zu einer zweiten Blüte pushen will, muss rechtzeitig zur Schere greifen - und zu anderen Mittelchen.

Foto: Reuters/LUKE MACGREGOR

Die Wonnen des Juni sind vorüber. Nun sind auch Abende und Nächte heiß, die Mittagshitze beginnt zeitig in der Früh und nachmittags zeigen die Pflanzen im Garten Zeichen von Erschöpfung. So auch die Gärtner.

Wenn die Bedingungen für Pflanzen extremer werden, verlieren sie mitunter die Lust am Blühen, denn das Blühen kostet Kraft. Zum Aufbau einer Blüte aus Erde, Licht und Wasser muss sich eine Pflanze ganz schön anstrengen, um die nötige Biomasse zu assimilieren und die einzelnen Stoffe zu ordnen.

Das lässt sie bei großer Hitze und damit verbundener Trockenheit ganz gerne bleiben. Manche Pflanzen trennen sich dann auch von zu großen Blättern, oder sie erzeugen nur noch kleine, damit nicht so viel Wasser aus ihnen heraus verdunstet.

Die Rosen sind zum Beispiel solche Kandidaten. Von Anfang bis Mitte-Ende Juni haben sie gezeigt, wozu sie im Stande sind. Sie haben eine farbige Blüte nach der anderen geöffnet, gehalten und nur ganz langsam dem Verfall Preis gegeben. Doch nach solch einer Anstrengung mag auch die Rose ein wenig ruhen, innehalten und sich darauf konzentrieren, dass sie mit Hitze, Trockenheit und Unmengen an Licht klar kommt. Somit ist Schluss mit Blütenpracht. Vorerst.

Zum Essen einladen

Denn die gewiefte Gärtnerin weiß sich zu helfen, um die Rose doch noch zu weiteren Blüten zu überreden. Sie greift zur Schere. Seit Mitte Juni schneidet sie Verblühtes ab, zwickt gleich ein paar Blattspreiten unterhalb der verblühten Blütenstände den Trieb ab und verhindert damit, dass die Rose einen großen Teil ihrer Energiereserven in das Ausbilden von Früchten steckt.

Damit eine Pflanze prinzipiell wieder mit dem Aufbau von hübsch anzusehenden Fortpflanzungsapparaten beginnt, muss man sie quasi zum Essen einladen und dann schön abfüllen. Bestellt und serviert werden Düngergaben, dies aber nur bis Mitte Juli.

Ab dann soll die Rose wieder vermehrt ins Holz und weniger in weiche Neutriebe investieren. Es wäre wegen dem kommenden Rosenjahr. Abgefüllt möchte ein Röslein nur vorsichtig werden: Prinzipiell eine Freundin der Trockenheit, sollte der Abfüller darauf achten, nicht die Blätter der Rosen zu benetzen, sondern nur das Erdreich gut zu durchtränken.

Window of Opportunity

Denn mit ein wenig Flüssigkeit flutschen die Mineralstoffe viel leichter in die Wurzeln rein, beziehungsweise tun diese sich beim Saugen leichter. Bringt man seine Rose durch derartiges Doping erneut zu Höchstleistungen, muss man damit rechnen, dass die Pflanze irgendwann zu schwächeln beginnt und das Immunsystem ein wenig herunterfährt - das ist bei Sportlern nicht anders.

Dieses Window of Opportunity nützen die gutbekannten Schädlinge natürlich sofort aus. Pilze, Bakterien und Viren feiern fröhlich Urständ' und zeigen, dass erst unscheinbares Wirken deutlich sichtbare Spuren bewirken kann. Die Schlauchpilze des Echten Mehltaus überziehen dann die Blattoberseiten und entziehen ihnen die Nahrung, das Laub fällt ab.

Der Sternrußtau wirkt ähnlich, und bei Virenbefall muss man sich auf eine Rose einstellen, an der immer wieder ganze Triebe absterben. Das ist der Preis, wenn man eine Rose zu sehr pusht und ihr immer neue Höchstleistungen abverlangt. Ob man den zusätzlichen, quasi erzwungen Flor noch genießen kann, bleibt letztendlich den Gärtnerinnen und Gartlern überlassen. (Gregor Fauma, Rondo, DER STANDARD, 13.7.2012)