Der 71-jährige Dietrich Birnbacher hat "alles noch einmal Revue passieren lassen" - und ein Geständnis abgelegt. Sein landauf, landab bekanntes Beratungshonorar von sechs Millionen Euro sei "unangemessen hoch" gewesen. Eigentlich wäre er mit 300.000 Euro für seine Arbeit im Auftrag des blauen Kärntner Landeschefs Jörg Haider und des schwarzen Landesrats Josef Martinz beim Verkauf der Landesbank an die Bayern zufrieden gewesen.

Seine Mitangeklagten, die Chefs der Kärntner Landesholding, die das Honorar letztlich bezahlt hat, und seinen Freund und Kunden Martinz belastete der Villacher Steuerberater schwer. Martinz habe ihm gleich zu verstehen gegeben, dass es eigentlich gar nichts mehr zu verhandeln gab in München, und die Holdingchefs hätten über seine wahren Leistungen Bescheid gewusst. Und das zum Thema Parteienfinanzierung: Er habe schon damit gerechnet, dass er dereinst etwas von seinem Honorar abgeben werde müsse.

Ans trockene Ufer

Bemerkenswerte Aussagen eines ehemaligen Mitspielers in der Kärntner Wirtschaftssumpflandschaft (Steuerberater Birnbacher hat für Haider auch die Klagenfurter Seebühne betreut, war einer der vielen Privatgutachter in der Hypo-Swap-Affäre), der sich spät, aber doch ans trockene Ufer retten will. Unabhängig vom Faktum, dass bis zu einem rechtskräftigen Urteil für alle die Unschuldsvermutung gilt: Birnbachers Revue erlaubt einmal mehr tiefe Blicke in die Untiefen der Kärntner Realität. Ein Landeshauptmann, dem sich alle unterordneten, der sich eine verrückt expandierende Bank samt Managern hielt. Der, als alles schon sehr eng und die Kärntner Wandelanleihe über 500 Millionen Euro fällig wurde, die Landesbank klammheimlich und im Alleingang mit Martinz an die unbedarften Bayern verklopfte, um sich dann zu preisen: "Kärnten ist reich."

Birnbacher, ein kleines, aber teures Rädchen in einer lange Jahre schnurrenden Alles-geht-rein- Maschinerie, hat sich aus dem Sumpf verabschiedet. Viele andere Sumpfblüten aber bleiben. Wer geglaubt hat, dass Kärnten nach Haiders Tod trockengelegt würde, hat sich getäuscht. Martinz' Eingangsstatement vor dem Strafrichter - "Ich würde alles wieder so machen" - lässt sich nicht anders deuten, umso mehr, als zu befürchten steht, dass der Mann das ernst meint. Ewigkeiten hat er gebraucht, bis er Aufsichtsratsvorsitz in der Landesholding und Landesrat-Sessel geräumt hat; die beiden Holdingchefs sind bis heute im Amt. Wobei: Wundern darf man sich nicht, Landeshauptmann-Vize Uwe Scheuch sitzt es ja vor.

Lernen vom Würstelstandbetreiber

Die den Steuerzahlern gehörende Holding selbst hat sich dem Strafverfahren bis dato nicht einmal als Privatbeteiligte angeschlossen, was die etwaige Rückforderung des Birnbacher-Honorars erleichtern würde. Jeder Würstelstandbetreiber achtet besser auf sein Geld.

Überfällig ist eine Revue auch in der Justiz. Sie hatte die Causa Birnbacher 2009 eingestellt - ohne mündliche Einvernahmen der Beschuldigten, ohne auch nur ein Wort von Birnbacher eingeholt zu haben. Die Staatsanwälte beriefen sich auf die Privatgutachten der Landesholding und kamen tatsächlich zum Schluss, dass "das Honorar objektiv angemessen ist". Erst die Korruptionsstaatsanwaltschaft brachte den Stein wieder ins Rollen.

Aber vielleicht finden sich nach dieser Geschichte ein paar Mutige. An politisch brisanten Causen mangelt es in Österreich ja nicht gerade. (Renate Graber, DER STANDARD, 12.7.2012)