London/Lausanne - Ausflüge zu Königspinguinen sind bei Antarktis-Touristen sehr beliebt - für die Tiere aber können sie puren Stress bedeuten. Das berichten Forscher im Fachjournal "BMC Ecology". Vor allem Pinguine, die nicht an die Anwesenheit von Menschen gewöhnt seien, reagierten selbst auf milde Störungen empfindlich. Der Antarktis-Tourismus und auch Forschungsprojekte könnten sich auf lange Sicht auf die Zusammensetzung der Kolonien auswirken, befürchten Forscher. 

Die Untersuchung

Die Wissenschafter um Vincent Viblanc von der Universität in Lausanne hatten Königspinguine (Aptenodytes patagonicus) auf der dauerhaft bewohnten Insel Possession untersucht, die zum Crozet-Archipel im südlichen Indischen Ozean gehört. Viele der Tiere dort sind seit mehr als 50 Jahren an die Präsenz von Menschen gewöhnt. Die Forscher wählten für ihre Analyse Vögel aus einem meist unbehelligten Koloniegebiet und solche aus einer Region, in der täglich Menschen auftauchen - etwa auf einer nahen Straße. Alle ausgewählten Pinguine hatten zwei Tage bis einen Monat alte Küken zu versorgen.

Der Stress der Tiere wurde über die Messung des Herzschlags erfasst. Die Pinguine wurden zwei milderen Stressfaktoren ausgesetzt: einem "Touristen", der sich auf zehn Meter näherte und dann für eine Minute stehen blieb, sowie dem Geräusch aufeinanderprallender Metallstangen. Zudem wurden die Tiere für drei Minuten eingefangen - um das typische Vorgehen von Forschern zu simulieren.

An tägliche Störungen gewöhnte Pinguine reagierten wesentlich gelassener auf die Versuche als ihre Artgenossen in sonst von Menschen unbehelligten Gegenden: Ihr Herzschlag beschleunigte sich bis zu 80 Prozent weniger, wenn ihnen ein Mensch nahe kam oder metallische Geräusche zu hören waren. Allerdings schnellte die über einen Transmitter registrierte Herzschlagrate auch bei ihnen um rund 40 Prozent in die Höhe, wenn sie eingefangen wurden. In allen drei Ansätzen beruhigten sich die an Menschen gewöhnten Pinguine deutlich schneller wieder.

Bleiben nur die Starken übrig?

Immerhin bewies die Studie, dass sich Pinguine an den Stressfaktor Mensch bis zu einem gewissen Grad gewöhnen. Allerdings ist noch unklar, ob diese Gewöhnung für alle Einzeltiere oder nur die Populationen in ihrer Gesamtheit gilt. Untersucht werden müsse daher nun, ob es möglicherweise eine Auswahl hin zu stressresistenteren Tieren gebe. Vor allem vor dem Hintergrund des massiv zunehmenden Tourismus in der Antarktis sei es eine wichtige Fragestellung, wie sehr der Mensch dort indirekt Einfluss auf die Entwicklung der Arten nimmt. (APA/red, derStandard.at, 13. 7. 2012)