Elisabeth Kaufmann-Bruckberger: "Ich war immer ein großer Bewunderer von Jörg Haider und bin es auch heute noch."

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Dass die Leute immer weniger Geld haben, hat Elisabeth Kaufmann-Bruckberger, die seit Dezember für das BZÖ im Nationalrat sitzt, beim elterlichen Heurigen beobachtet. Schon zur Monatsmitte würden die Besuche dort zurückgehen. Mit derStandard.at sprach sie über das Schulschwänzen, das zur Entwicklung gehöre, Gewalt, die auch von Frauen ausgehen könne, und die gemeinsame Obsorge, die automatisch auch der Vater bekommen sollte.

derStandard.at: Sie sind seit 7. Dezember BZÖ-Abgeordnete im Nationalrat. Wie bilanzieren Sie nach diesem halben Jahr?

Kaufmann-Bruckberger: Nach der Angelobung war es eine Umstellung, parlamentarische Arbeit direkt kennenzulernen. Das kann man nicht von heute auf morgen, aber mittlerweile habe ich mich sehr gut eingearbeitet.

derStandard.at: Warum sind Sie in die Politik gegangen?

Kaufmann-Bruckberger: Das politische Interesse wurde mir quasi anerzogen. Die Diskussionen am Stammtisch sind zwar sehr hilfreich, aber wenn man etwas verändern will, muss man auch aktiv werden.

derStandard.at: Sie waren von 1994 bis 2005 für die FPÖ aktiv. Warum haben Sie sich entschlossen, für das BZÖ tätig zu werden?

Kaufmann-Bruckberger: Das BZÖ hat sich Anfang April 2005 gegründet. Zwei Tage vor der offiziellen Bekanntgabe hat mich Dr. Haider angerufen und gefragt, ob ich mithelfe, das BZÖ aufzubauen. Das war für mich eine große Anerkennung und Herausforderung. Ich war immer ein großer Bewunderer von Jörg Haider und bin es auch heute noch, nachdem er tragisch verunglückt ist.

derStandard.at: Warum sind Sie ein großer Haider-Fan?

Kaufmann-Bruckberger: Weil mir das Politische vom Dr. Haider sehr gut gefallen hat. Er wollte das starre rot-schwarze System verändern, das war eine seiner großen Aufgaben.

derStandard.at: Haider ist auch in Erinnerung für seine strikte "Ausländerpolitik". Wie stehen Sie dazu?

Kaufmann-Bruckberger: Wenn man in ein fremdes Land kommt, muss man sich den Bedürfnissen und Gegebenheiten dieses Landes anpassen. Das erwartet man von den Österreichern in einem anderen Land. Und ich denke, dass das die Österreicher auch von den Zuwanderern erwarten dürfen.

derStandard.at: Vom BZÖ hört man wenige Positionen zu diesem Thema. Hat sich das BZÖ diesbezüglich anders positioniert?

Kaufmann-Bruckberger: Ja, auf jedem Fall. Das war aber auch schon unter Dr. Jörg Haider so. Er hat in seiner Funktion als Landeshauptmann einen anderen Blickwinkel bekommen. Er hat damals thematisch weitere Schwerpunkte gesetzt.

derStandard.at: Was ist Ihr politisches Herzensanliegen?

Kaufmann-Bruckberger: Ein großes Problem ist die Armut in diesem Land. Wir haben 1,2 Millionen Menschen, die unter der Armutsgrenze leben, und knapp 300.000 Arbeitslose - ebenso viele muss man als Working Poor bezeichnen, das heißt, dass sie mit ihrem Einkommen kein Auskommen finden. Außerdem gehört beim Thema Vereinbarkeit von Familien und Beruf sehr viel gemacht.

derStandard.at: Was wollen Sie gegen die Armut tun?

Kaufmann-Bruckberger: Ein Thema sind sicher umfassende Einsparungen in Bürokratie und Verwaltung, um die frei werdenden Mittel zielgerichtet für die Menschen einsetzen zu können. Außerdem muss man über die Lohnnebenkosten diskutieren und darüber, dass sieben Monatsgehälter an den Staat gehen und man mit fünf Gehältern die Familie ernähren muss. Auch muss man darüber diskutieren, ob ausgegliederte Staatsbetreibe wie die ÖBB nach wie vor Milliarden verschlingen sollen, ohne dass die Bürger dafür etwas zurückbekommen. Den meisten Österreichern geht es nicht darum, dass sie auf die Malediven in den Urlaub fahren. Sie wollen ein gutes Leben führen und im Land das Geld ausgeben, und davon lebt die heimische Wirtschaft.

derStandard.at: Was sind Ihre wirtschaftspolitischen Anliegen?

Kaufmann-Bruckberger: Der Wirtschaftsstandort Österreich ist sehr eingeschränkt, was auch mit der budgetären Situation zusammenhängt. Die Bundesregierung hat ein Belastungspaket geschnürt, bei dem Arbeiter, Angestellte, aber auch die Wirtschaft zu kurz kommen. Die Lage wird mit dem Beschluss des ESM und des Fiskalpaktes noch drastischer werden.

derStandard.at: Ihre Eltern haben einen Heurigen. Arbeiten Sie zu Hause noch mit?

Kaufmann-Bruckberger: Ja, aber die Zeit ist dort leider sehr knapp bemessen. Als Politikerin arbeite ich 50 bis 60 Stunden pro Woche.

derStandard.at: Was hören Sie dort am Stammtisch? Was bewegt die Menschen?

Kaufmann-Bruckberger: EU, Fiskalpakt und der ESM-Wahnsinn beschäftigen die Leute sehr. Und man merkt, dass die Leute wirklich kein Geld mehr haben. Früher ist der Besuch beim Heurigen zu Monatesende etwas zurückgegangen - am Anfang des Monats, als die Leute wieder Geld hatten, ist das Geschäft besser gegangen. Mittlerweile kann man sagen, in den ersten beiden Wochen ist das Geschäft gut, doch dann wird es kontinuierlich weniger.

derStandard.at: Sie sind Mutter von zwei Söhnen. Was halten Sie eigentlich von der gemeinsamen Obsorge, die derzeit heiß diskutiert wird?

Kaufmann-Bruckberger: Ich bin aus eigener Erfahrung für die gemeinsame Obsorge. Für mich und meinen Ex-Mann war das nie ein Thema. Bei den Streitigkeiten geht es in den meisten Fällen nur um das Geld, und das zulasten der Kinder. Man streitet in Wahrheit um die Obsorge nur deshalb, weil der andere zahlen muss.

derStandard.at: Sind Sie dafür, dass Väter automatisch auch die Obsorge bekommen?

Kaufmann-Bruckberger: Ja, es sei denn, es ist nachweislich Gewalt im Spiel. Gewalt ist nicht geschlechterspezifisch, sie kann auch von den Frauen ausgehen.

derStandard.at: Wie stehen Sie zum verpflichtenden Papamonat?

Kaufmann-Bruckberger: Wenn man Eltern dazu zwingen muss, dass sie sich um die Kinder kümmern, ist das sehr traurig. Ich sehe die Verpflichtung als Eingriff in das Familienleben. Vielleicht wollen einige Väter das gar nicht. Es gibt ja auch Frauen, die nicht beim Kind bleiben wollen, da bleibt der Vater zu Hause. Man muss den Menschen schon die Entscheidung selbst überlassen.

derStandard.at: Sollen Eltern von Schulschwänzern keine Familienbeihilfe mehr bekommen?

Kaufmann-Bruckberger: Ich habe auch manchmal die Schule geschwänzt und glaube, dass das bei manchen zum Entwicklungsprozess dazugehört. Es ist der Reiz, ob man erwischt wird oder nicht. Bei mir war es noch so: Wenn mich meine Eltern erwischt hätten, hätte ich es auch nicht lustig gehabt. Es gibt ohnehin Konsequenzen. Wenn es unentschuldigte Stunden gibt, bekommen die Eltern den sogenannten blauen Brief. Vor dem haben wir uns immer wieder gefürchtet. Dass man die Familienbeihilfe deshalb sofort streichen will, finde ich sehr lächerlich.

derStandard.at: Von 15 Abgeordneten sind nur drei Frauen für das BZÖ im Nationalrat. Wie kommt es, dass es nur so wenige sind?

Kaufmann-Bruckberger: Ich glaube, dass das schon auch damit zusammenhängt, dass Familie und das politisches Engagement nicht sehr leicht zu vereinbaren sind. Ich wurde diesbezüglich immer von meiner Familie unterstützt.

derStandard.at: Sie sind Vertriebenensprecherin. Was sind Ihre Aufgaben diesbezüglich?

Kaufmann-Bruckberger: Da muss ich mich noch einarbeiten. Bei einer Veranstaltung habe ich Grußworte gerichtet.

derStandard.at: Das war eine Veranstaltung im Mai 2012 gemeinsam mit Martin Graf, der wegen der Stiftungscausa in die Kritik geraten ist. Soll er zurücktreten?

Kaufmann-Bruckberger: Ich kenne den Stiftungsvertrag nicht und habe mich auch sonst mit der Person Martin Graf nicht beschäftigt.

derStandard.at: Die nächsten Nationalratswahlen stehen an. Warum sollen die Wähler das BZÖ wählen?

Kaufmann-Bruckberger: SPÖ und ÖVP schicken mit Unterstützung der Grünen Geld, das wir in Österreich brauchen, lieber nach Brüssel. Mehr Erklärung braucht man dazu nicht mehr haben.

derStandard.at: Was unterscheidet das BZÖ von der FPÖ?

Kaufmann-Bruckberger: Wir haben mehr Wirtschaftskompetenz.

derStandard.at: Wenn das BZÖ in eine Regierung kommen würde - mit welchen Parteien könnten Sie sich das am ehesten vorstellen?

Kaufmann-Bruckberger: Mit jeder - es kommt auf die Inhalte an.

derStandard.at: Wie viel Prozent soll das BZÖ bei der nächsten Wahl bekommen?

Kaufmann-Bruckberger: Zwölf bis 14 Prozent. (Katrin Burgstaller, derStandard.at, 11.7.2102)