Der schwarze Hautkrebs, auch Melanom genannt, ist eine besonders aggressive Tumorsorte und kommt in Europa immer häufiger vor. Trotz intensiver Forschung gibt es jedoch bis heute keine funktionierende Therapie. Wissenschafter der Universität Zürich haben nun ein Gen entdeckt, das eine zentrale Rolle bei dieser Krebsart spielt: Unterdrückt man dieses Gen, verhindert dies bei Mäusen die Entstehung eines Melanoms und dessen Ausbreitung. Diese Entdeckung könnte den Weg zu neuen Therapieformen ebnen.

Bis vor kurzem ging man davon aus, dass ein Tumor aus vielen gleichwertigen Zellen besteht, die sich alle bösartig vermehren und so zum Tumorwachstum beitragen können. Laut einer neueren Hypothese könnte ein Tumor aber auch aus bösartigen Krebsstammzellen und anderen, weniger aggressiven Tumorzellen zusammengesetzt sein. Normalerweise sind Stammzellen für den Aufbau von Organen zuständig. Ganz ähnlich können sich Krebsstammzellen teilen und sich zu anderen Tumorzellen entwickeln, um so den Tumor zu bilden. Eine effiziente Tumortherapie müsste somit vor allem Krebsstammzellen bekämpfen. Deshalb wollten Stammzellforscher um Lukas Sommer von der Universität Zürich wissen, ob Mechanismen, die für normale Stammzellen wichtig sind, auch in Krebsstammzellen eine Rolle spielen.

Melanomzellen sind entartete Hautpigmentzellen, die während der Embryonalentwicklung von so genannten Neuralleistenstammzellen gebildet werden. Das Team um Sommer untersuchte gemeinsam mit Dermatologen und Pathologen, ob in menschlichem Tumorgewebe Zellen mit Merkmalen dieser speziellen Stammzellen vorhanden sind. "Dies war tatsächlich der Fall. Wir konnten das anhand zahlreicher Biopsien von Melanompatienten nachweisen", sagt Sommer. Insbesondere ist in allen untersuchten Tumorgeweben ein Gen hoch aktiv, das in normalen Zellen sozusagen das Stammzellprogramm steuert. Dieses Sox10 genannte Gen ist für die Zellteilung und das Überleben von Stammzellen essentiell.

Genunterdrückung verhindert Krebs

In einem nächsten Schritt testeten die Zürcher Wissenschafter wie Sox10 in menschlichen Melanomzellen funktioniert. Dabei stellten sie fest, dass dieses Gen auch in Krebszellen ein Stammzellprogramm kontrolliert und für die Zellteilung benötigt wird. Um diese Befunde in einem lebenden Organismus zu festigen, benutzten die Forscher schließlich eine Maus. Diese trägt ähnliche genetische Mutationen in sich, wie man sie im menschlichen Melanom findet und entwickelt deshalb spontan schwarzen Hautkrebs. Erstaunlicherweise verhinderte die Unterdrückung von Sox10 in diesem Tiermodell vollständig die Bildung wie auch Verbreitung von Krebs.

"Unsere Forschungsarbeit zeigt auf, dass ein Tumor vermutlich therapiert werden könnte, indem man seine Stammzellen bekämpft", folgert Sommer. Die Ergebnisse verdeutlichen auch, dass solche Untersuchungen vor allem durch die enge Zusammenarbeit und die bewusst genutzten Synergien zwischen Grundlagenforschern und Klinikern zum Erfolg führen können. (red, derstandard.at, 10.7.2012)