Ganze Batterien von Politikern sind die letzten Jahre über vor israelischen Gerichten defiliert. Die sieben Jahre Haft für Expräsident Mosche Katzav waren ein Sonderfall, weil es um ein Gewaltverbrechen ging. In diversen Korruptionsverfahren fassten etwa ein Finanzminister, ein Innenminister und ein Sozialminister saftige Gefängnisstrafen aus, während es auch viele Freisprüche gab.

Der Fall Ehud Olmert hat besonderes Gewicht, weil es um den amtierenden Premier ging. Die Anklage gegen ihn hat vielleicht den Lauf der Nahostpolitik beeinflusst. Immerhin befand sich Olmert mitten in Verhandlungen mit den Palästinensern, als er wegen Beschuldigungen zurücktreten musste, die sich vier Jahre danach nun großteils als haltlos erweisen. Das nährt natürlich auch Verschwörungstheorien: Hat die Justiz mit dem Ermittlungsbombardement Olmert vielleicht vorsätzlich abgeschossen?

Olmerts Anwälte sagen, ein Premier dürfe "nicht über dem Gesetz, aber auch nicht unter dem Gesetz stehen", man dürfe ihn also auch nicht härter anfassen als den Durchschnittsbürger. Doch die Staatsanwaltschaft wird jetzt wegen der Freisprüche zu Unrecht geprügelt. Es gab starke Verdachtsmomente, und würde jede Anklage automatisch zu einem Schuldspruch führen, dann bräuchte man ja keine Gerichte. Es ist nun einmal nicht zu ändern: Wenn die Justiz, wie man es von ihr erwartet, Politikern auf die Finger schaut, greift sie damit auch in die Politik ein. (Ben Segenreich, DER STANDARD, 10.7.2012)