London/Wien - Wir lernen es im Alter von etwa fünf bis neun Monaten. Und als Erwachsene verbringen wir angeblich im Schnitt mehr als neun Stunden täglich sitzend, während wir uns nur gut sechs Stunden bewegen. Dass zu viel Sitzen nicht gesund ist, wurde längst durch mehrere Untersuchungen belegt. Insbesondere langes Sitzen "am Stück" und ohne Aufstehen dazwischen dürfte sich negativ auf das Herz-Kreislauf-System auswirken.

Nun kommen Forscher um Peter Katzmarzyk vom Pennington Biomedical Research Center (US-Staat Louisiana) im British Medical Journal auf Basis von neuen Daten aus den USA zu einem recht dramatischen Ergebnis, dass allerdings noch weiterer Analysen bedarf: Wer im Schnitt täglich weniger als drei Stunden sitzt, könnte seine Lebenszeit um rund zwei Jahre verlängern. Und: Weniger als durchschnittlich zwei Stunden Fernsehzeit am Tag verlängerten das Leben möglicherweise um etwa 1,4 Jahre.

Die Forscher werteten für ihre Untersuchung unter anderem Daten des National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES) aus, einer Erhebung, die den Gesundheitsstatus und Lebensstil von US-Amerikanern erfasst. Hinzugezogen wurden Ergebnisse von fünf US-Studien mit Daten von insgesamt 167.000 Erwachsenen, die sich mit Sitzzeiten und Todesursachen aller Art beschäftigten.

Theoretische Abschätzung

Die Forscher geben freilich auch zu bedenken, dass es sich bei ihrer Studie um eine rein theoretische Abschätzung handle. Mögliche Unterschiede in den einzelnen Alters- und Bevölkerungsgruppen seien nicht berücksichtigt. Zudem beruhe die Analyse auf den Angaben von Befragten zu ihrer Sitz- und Fernsehzeit, sodass Fehlwahrnehmungen oder falsche Angaben eingeflossen sein könnten.

Diese Verzerrung zeigt sich denn auch schon bei den Angaben zu den Sitzzeiten: Die NHANES-Daten lassen darauf schließen, dass erwachsene US-Amerikaner im Schnitt nur 55 Prozent ihres "wachen" Tages sitzend verbringen. Internationale Vergleichsstudien kam zum Schluss, dass in Taiwan, Norwegen, Hongkong, Saudi-Arabien und Japan am längsten gesessen wird. (tasch, DER STANDARD, 10.7.2012)