Mohamed Merah hatte im März in der südfranzösischen Stadt sieben Menschen kaltblütig erschossen - drei jüdische Schulkinder, einen Rabbi und drei französische Soldaten. Bevor er selber von Polizeischarfschützen getötet wurde, hielt er sich 32 Stunden lang in seiner Wohnung verschanzt. Unterhändler versuchten per Telefon, ihn zum Aufgeben zu überreden. Die mehr als vierstündigen Gespräche wurden aufgenommen und nun von Pariser Medien wiedergegeben.

Der Privatsender TF1 strahlte am Sonntag Tonmitschnitte aus, in denen Merah mit ruhiger Stimme über seine Anschläge und weitere Pläne spricht. Familien der Getöteten zeigen sich "schockiert" über die "respektlose" Veröffentlichung; ihre Anwälte verlangen in einem Eilantrag, die weitere Verbreitung verbieten zu lassen. Am Montag publizierte nun auch "Le Monde" Mitschnitte von den dramatischen Stunden in Toulouse. Die renommierte Zeitung, die ihre Quelle genauso wie TF1 verheimlicht, rechtfertigt die ganzseitige Veröffentlichung als "zusätzliches Element, um den mörderischen Wahn zu verstehen".

Als Tatmotiv gibt Merah in den Aufnahmen an, er habe die Soldaten getötet, weil die französische Armee gegen seine Brüder in Afghanistan vorgehe. Dazu wollte er noch einige "Diplomaten" umbringen, namentlich den Botschafter Indiens in Paris. Merah wollte zudem wissen, ob viele Journalisten vor seiner Wohnung seien und ob er Aufsehen errege. "Ist dein Kumpel Sarkozy auch da?", fragte er den Unterhändler. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, 10.7.2012)