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Journalisten belagern Katie Holmes' Apartment in New York. Etwa alle 24 Stunden erscheint die Schauspielerin, kommentiert ihre Scheidung und lässt sich in ihrer neuen Modelinie ablichten.

Foto: REUTERS/Andrew Kelly

Sie muss sich den Vorwurf gefallen lassen, allzu virtuos auf der Klaviatur der Massenmedien zu spielen. Er sieht sich als dreister Vormann einer üblen, zumindest dubiosen Sekte porträtiert. Sie will einem fürsorglichen Vater die sechsjährige Tochter Suri ausspannen. Er versucht, einem unschuldigen Kind das Gehirn zu waschen, angestiftet und angeleitet von skrupellosen Spezialisten der Church of Scientology.

Kein Klischee, das nicht bedient wird, je gröber, desto besser. Der Rosenkrieg zwischen Katie Holmes und Tom Cruise, irgendwie entspricht er der Neigung mancher Amerikaner, die Welt ständig in Gut und Böse einteilen zu wollen, in Weiß und Schwarz, möglichst ohne irritierende Grautöne. Es ist, als arbeite Hollywood an einem eher schlichten Zeichentrickfilm.

Holmes aktiv in der Öffentlichkeit

Seit Holmes die Scheidung einreichte, hat sie die Nase in dem PR-Duell eindeutig vorn. Während ihr Noch-Gatte nach dem Paukenschlag noch eine Weile in Island blieb, wo die Dreharbeiten für seinen nächsten Film (Oblivion) liefen, setzte sie sich im New Yorker Edelviertel Chelsea so gekonnt in Szene, wie es wahrscheinlich nur Schauspieler können.

Während die Paparazzi dichte Trauben bildeten vor ihrem Appartement an der 25th Street, ließ sich Katie etwa alle 24 Stunden blicken, des Rampenlichts scheinbar überdrüssig, doch jedes Mal überaus stilsicher. Die Sachen, die sie trug, waren zumeist bei Holmes & Yang, ihrer eigenen Boutique, geschneidert worden. Im September, war wie nebenbei zu erfahren, feiert die 33-Jährige bei der New Yorker Modewoche Premiere mit dem Label, das sie gemeinsam mit ihrer Stylistin Jeanne Yang betreibt.

PR-Beraterin entlassen

Holmes hat ihre bisherige Publicity-Betreuerin Ina Treciokas entlassen, wohl vor allem, weil Treciokas mit Cruise auf gutem Fuß steht. Stattdessen bedient sie sich - wie schon vor ihrer gescheiterten Ehe - der Dienste von Leslie Sloane und Nanci Ryder, die gemeinsam die Hollywood-Agentur BWR leiten.

Es liegt wohl am Geschick Sloanes und Ryders, dass sich fast alles um das Thema Scientology dreht. Und um David Miscavige, den Chef der umstrittenen Kirche. Die Boulevardpresse skizziert ihn nicht nur als kontrollbesessenen Autokraten, sondern auch als eine Art Störfaktor in einer "Ehe zu dritt". Womit sich die Geschichte wunderbar weiterspinnen lässt, bis hin zur berühmtesten Dreierehe im britischen Königshaus, zwischen Charles, Diana und Camilla.

Zwangsarbeit im Internat

Miscaviges Nichte Jenna hat die Scientologen bereits 2005 ernüchtert verlassen, nun tritt sie in der Rolle der Kronzeugin auf. "Meine Erfahrung ist, dass dich diese Kirche sowohl mental als auch physisch misshandelt", schreibt sie auf ihrer Website. Sie habe sich gelöst, nachdem sie furchtbare Qualen litt, "eine lausige Bildung, unfähige Lehrer", Zwangsarbeit in der Internatsschule, erzwungene Geständnisse, Hausarrest und ein zeitweiliges Verbot, Kontakt mit ihren Eltern zu halten.

Die Scientologen kommentieren es mit eisigem Schweigen. Die letzte Pressemitteilung der Organisation, veröffentlicht vor zehn Tagen, handelt von der Einweihung eines umgebauten Gotteshauses in Buffalo. Und auch Cruise lässt sich vorläufig nichts entlocken, woraus sein Anwalt Bert Fields die These strickt, hier stehe ein souveräner Mensch turmhoch über den Dingen. "Soll sich die andere Seite solange in den Medien austoben, bis alle ermüdet sind. Wenn sie fertig sind, haben auch wir etwas zu sagen."

"Five minutes of fame"

Dafür genießt Eileen Berlin, eine 77 Jahre alte New Yorkerin, ihre "five minutes of fame". Einst betrieb sie eine Agentur für aufstrebende Kinotalente, zu deren Kunden auch der blutjunge Tom Cruise gehörte. Nun gibt sie die Kassandra: "Jedes Mal, wenn ich Tom sah, ging er mit einem Mädchen. Aber zweimal dasselbe Mädchen habe ich nie an seiner Seite gesehen."

Dass sich Katie Holmes von dem selbstverliebten, zutiefst unsicheren Typen trennte, habe sie nicht überrascht, nur, dass die Beziehung so lange hielt. Im Übrigen, fügt Berlin im Tonfall der ultimativen Tom-Cruise-Expertin hinzu, sei der Junge der ideale Kandidat für die Rattenfänger von Scientology gewesen. "Er glaubte nicht an Therapien, doch ganz offensichtlich brauchte er Hilfe." (Frank Herrmann aus Washington, DER STANDARD, 10.7.2012)