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Wien - Von wegen Domäne des "kleinen Mannes": Auf Österreichs Sparbüchern ruhen nicht nur bescheidene Notgroschen. Auch eine kleine, aber reiche Gruppe an Menschen vertraut auf die hierzulande beliebteste Anlageform. An den heimischen Banken gibt es gezählte 2222 Sparkonten mit Vermögen von über einer Million. Sie vereinigen stolze 5,2 Milliarden Euro.

Die Zahlen stammen aus einer neuen Studie der Österreichischen Nationalbank (ÖNB), die sich mit der Entwicklung der Spareinlagen seit dem Jahr 2002 beschäftigt. Die Experten des Instituts nehmen immer wieder die Vermögensverteilung im Land unter die Lupe - und heizen damit die politische Debatte an. Denn die Diskussion um eine höhere Vermögensbesteuerung spitzt sich stets auf eine Schlüsselfrage zu: Wer besitzt wie viel im Land?

Anders als bisherige Studien stützt sich das Material nicht auf (aufwändige) Befragungen. Ausgewertet haben die Autoren Michael Andreasch, Pirmin Fessler und Martin Schürz diesmal einen - wie sie schreiben - "einzigartigen" Datensatz der ÖNB, der via Meldesystem der Geschäftsbanken gespeist wird und alle Sparkonten vom Sparbuch bis zum Bausparer umfasst. Fast alle dieser Einlagen sind in der Hand privater Haushalte.

Eine grundlegende Erkenntnis: Das angesparte Geld ist sehr ungleich verteilt. Auf fünf Prozent der Konten liegt laut der Daten aus dem Vorjahr fast die Hälfte der gesamten Spareinlagen von insgesamt rund 157 Milliarden.

Viel Mist vom Kleinvieh

An der Basis der Verteilungspyramide macht Kleinvieh viel Mist. Das Gros der rund 23,2 Millionen Sparkonten birgt bescheidene Summen, auf gut 80 Prozent davon ruhen maximal jeweils 10.000 Euro (siehe Grafik). Der Durchschnitt pro Konto beträgt nur 2176 Euro, wobei allerdings "Karteileichen" mit Minibeträgen das Bild etwas nach unten verzerren.

In den höheren Kategorien wird der Kreis sehr rasch sehr klein. Bereits die Konten mit einem Vermögen von 20.000 Euro aufwärts zählen zu den Top fünf Prozent. Auf weniger als 0,6 Prozent der Sparkonten lagern mehr als 100.000 Euro, und nur 0,3 Promille kommen auf über 500.000 Euro. In der Klasse über drei Millionen gibt es überhaupt nur noch 366 Konten. Auf diesen liegen im Schnitt 6,5 Millionen Euro.

Dieses Ungleichgewicht habe sich im beobachteten Zeitraum seit 2002 vergrößert, analysieren die Autoren. Während die Aufteilung der Konten nach Kategorie "relativ stabil" geblieben sei, zeigten sich punkto Wert deutliche Verschiebungen nach oben: Die Sparkonten unter 100.000 Euro büßten von ihrem Anteil am um 29 Milliarden gewachsenen Gesamtvolumen fünf Prozent ein, jene über dieser Marke legten um 27 Prozent zu. Ohne die leichte Trendumkehr seit dem Krisenausbruch von 2009 wäre die Schere noch weiter aufgeklappt.

Top-Konten legen zu

Je höher die Kategorie, desto größer sei die Steigerung ausgefallen, stellt die Studie fest und verweist auf den sogenannten Gini-Koeffizienten, der als Indikator für Ungleichheit gilt: Bei den Spareinlagen ist dieser Wert bis zum Krisenjahr 2009 kontinuierlich gestiegen und dann nur geringfügig wieder gesunken.

Die Daten haben freilich das Manko, dass sie nicht auf Einzelpersonen schließen lassen. Statistisch hält jeder der acht Millionen Österreicher 2,7 Konten, doch über die genaue Zuordnung liegen keine Informationen vor. Die ÖNB-Forscher gehen davon aus, dass vor allem vermögende Menschen ihr Geld auf eine Vielzahl an Banken und Konten verteilen. Die "massive Ungleichverteilung" der Spareinlagen sei "unbestritten", folgern sie.

Einen politisch pikanten Hinweis erlauben sich die Autoren auf die Einlagensicherung, die bis 50.000 Euro von den Banken und darüber bis zur Grenze von 100.000 Euro vom Staat übernommen wird. Die von der Allgemeinheit getragene Garantie beziehe sich damit auf eine "geringe Anzahl vermögender Personen", schreiben sie: Auf weniger als zwei Prozent aller Konten liegen Beträge von über 50.000 Euro. (Gerald John, DER STANDARD, 10.7.2012)