Wien - Ihren Namen hatte man bereits im Zuge der letztjährigen Grabenfesttage registriert: Mittlerweile hat Judith Unterpertinger, die sich als Pianistin gerne mit Morton Feldman beschäftigt, unter anderem auch als Cellistin mit Christof Kurzmann den minimalistischen Nuancen elektronisch inspirierter Drones nachgelauscht und ist im Umfeld des jungen Labels aRtonal recordings in Formationen mit wunderbar eckigen Namen - etwa "Der böse Zustand" - hervorgetreten.

Dienstagabend brachte die 26-Jährige erneut frischen Wind ins Getriebe der in den letzten Jahren angesichts vielfacher personeller Wiederholungen zunehmend abgeschottet wirkenden Grabenfesttage. Kurator Christoph Cech, zugleich Unterpertingers Kompositionslehrer am Linzer Bruckner-Konservatorium, hatte mit Henry Purcell "Die Lust am Leben" als Motto vorgegeben: "One charming night gives more than hundred lucky days" hatte dieser schon 1692 der Secresie in seiner Oper The Fairy Queen in den Mund komponiert.

Nichts weniger als hedonistisch-ausschweifend, vielmehr hoch konzentriert entwickelte Unterpertinger in ihrer 40-minütigen Auftragsarbeit Amarantus für das nicht mit letztem Nachdruck agierende Koehne-Quartett und Akkordeonist Alexander Shevchenko wechselnde klangliche Aggregatzustände.

Große Dichte

Zwischen sirrenden Flageoletts, eigenwillig verdrillten Patterns und Passagen ungestümer, von Glissandi und Cluster geprägter Dichte konnte man die junge Komponistin auf ihrer Entdeckungsreise durch das sonische Potenzial der Streichquartettbesetzung erleben. Das besaß eigenwilligen Charme, in der Aneinanderreihung verschiedenster Spieltechniken phasenweise allerdings auch Studiencharakter.

Unterpertingers scheuklappenloser suchender Geist wurde indessen auch im Improvisationsset offenbar. Alternierend an präpariertem Klavier und Cello werkend, erarbeitete sie mit Dominika Zach (Stimme), Stephan Sperlich (Cello) und Thomas Grill (Elektronik) Geräuschstrukturen von geradezu britischer Kollektivdisziplin, gewitzte Trashcollagen und Hardcore-Sekundenstücke à la John Zorn.

Und trotz der Vielfalt der assoziativen Referenzen spürte man auch hier: Da wird präzise ein breiter Horizont erarbeitet, Terrain erschlossen, auf dem in Zukunft möglicherweise tatsächlich unerhörte Klanggewächse emporschießen könnten. (DER STANDARD, Printausgabe, 26.6.2003)