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Handshake Scheuchs mit dem Ankläger, Eberhard Pieber - der legt jetzt Berufung gegen das "amtsschonende" Urteil der Richterin ein.

Foto: APA/Eggenberger

Klagenfurt/Wien - Nach dem Verteidiger des Kärntner FPK-Obmanns Uwe Scheuch hat nun auch die Staatsanwaltschaft gegen das erstinstanzliche Urteil vom vergangenen Freitag berufen. Wie Oberstaatsanwältin Eva Habicher am Montag auf APA-Anfrage erklärte, habe man bereits Berufung eingelegt. Somit kann sich auch das Strafmaß noch erhöhen: Scheuch war am Freitag von Richterin Michaela Sanin wegen Geschenkannahme durch einen Amtsträger zu sieben Monaten bedingter Haft und 150.000 Euro Geldstrafe verurteilt worden. 

Zweierlei Berufung

Die Anklagebehörde zeigte sich mit dem Richterspruch ebenso wenig zufrieden wie Scheuchs Verteidiger Dieter Böhmdorfer. Dieser hatte noch im Gerichtssaal Berufung angekündigt, Staatsanwalt Eberhard Pieber hatte da noch geschwiegen. Inzwischen wurde aber die Berufung auch von der Anklagebehörde eingebracht, die Causa geht nun neuerlich ans Oberlandesgericht Graz, das die erste Verurteilung Scheuchs - damals zu 18 Monaten Haft, sechs davon bedingt - wegen eines Formfehlers aufgehoben und ans Erstgericht zurückverwiesen hatte. Wann das OLG Graz das jetzige Verfahren behandeln wird, steht noch nicht fest.

Für Richterin Sanin stand die Schuld des Angeklagten "zweifelsfrei" fest. Sie bezog sich direkt auf Scheuchs eigene Angaben. Im auf Tonband aufgezeichneten Gespräch mit dem Mittelsmann eines russischen Investors hatte dieser gesagt, dass er auch für die Partei profitieren wolle - in Form einer Spende in der Höhe von fünf bis zehn Prozent der Investition. Dafür habe Scheuch in Aussicht gestellt, seine Meinung in der Landesregierung kundzutun, so die Richterin. Das Beweisverfahren hatte gezeigt, dass der Finanzreferent bei Projektförderungen den Regierungskollegen den Beschluss zur Stellungnahme vorlege. Diese Stellungnahme sei das Amtsgeschäft, bei dem Scheuch seine Fürsprache angeboten habe, sagte Sanin in ihrer Urteilsbegründung. Vom Vorwurf, der FPK-Chef habe gegen eine Spende die Vermittlung der österreichischen Staatsbürgerschaft in Aussicht gestellt, sozusagen als "Part of the game", wurde Scheuch allerdings freigesprochen.

Drohgebärden

Mit Drohgebärden hat sich Scheuch am Montag gegenüber dem ORF gegen Rücktrittsaufforderungen der höchsten Amtsträger der Republik gewehrt. Zurücktreten wolle er auf keinen Fall, antwortete er Bundespräsident Heinz Fischer und Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ), die ihm den Rücktritt nahegelegt hatten.

"Der Bundespräsident muss aufpassen, dass die Freiheitliche Partei nicht ihn zum Rücktritt auffordert", und "Die Frau Präsidentin wird irgendwann aufpassen müssen, dass sie nicht ihren eigenen Bundeskanzler zum Rücktritt auffordert", wetterte Scheuch im Ö1-"Morgenjournal".

Scheuch fühlte sich überrumpelt

Gegen Mittag relativierte Scheuch vor Journalisten dann seine Aussagen aus dem "Morgenjournal". Hatte er in der Früh noch dezidiert erklärt, er werde auch dann nicht zurücktreten, wenn das erstinstanzliche Urteil bestätigt werde, sagte er in gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem Parteifreund Landeshauptmann Gerhard Dörfler am Vormittag, man wolle die Rechtskraft abwarten, bevor weitere Entscheidungen getroffen würden.

Scheuch erklärte seine Angriffe auf die höchsten Amtsträger der Republik damit, dass der ORF-Reporter ihm nicht gesagt habe, dass es sich bei der Anfrage um ein Interview handeln würde. Er sei lediglich gefragt worden, was er zu seiner erneuten Verurteilung sage. Scheuch bekräftigte aber seine Kritik an Bundespräsident Fischer, dieser stelle Parteiinteressen über jene der Bevölkerung. Dörfler wiederholte, es gebe ja keinen Schaden, "es gibt keinen Russen, es gibt keine Staatsbürgerschaft, es gibt gar nichts". Auf die Frage, ob er sich als Landeshauptmann theoretisch vorstellen könnte, sich von einem rechtskräftig wegen Korruption verurteilten Politiker vertreten zu lassen, meinte Dörfler: "Ich habe meinen eigenen Gerechtigkeitssinn."

Auch ÖVP für Scheuch-Rücktritt

Scharfe Kritik übte am Montag auch die ÖVP. Scheuch habe "jegliche Glaubwürdigkeit verloren", sagte ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch. Letzten Endes müssten aber die Freiheitlichen wissen, "wie ehrlich sie mit ihren Wählern umgehen". Wenn ein ÖVP-Funktionär betroffen wäre, wäre es für Rauch "völlig klar, was ihm die Partei nahelegen würde".

In diesem Zusammenhang kritisierte er die Haltung der FPÖ-Spitze. Hier würde sich die "Führungsschwäche" von Parteichef Heinz-Christian Strache offenbaren. Dieser sei "eindeutig damit überfordert, für Ruhe in der eigenen Partei zu sorgen", so Rauch, der Strache "herzlich dazu gratulierte, dass er es geschafft hat, schon den vierten Tag in Folge auf Tauschstation zu gehen".

Auch ÖVP-Chef und Vizekanzler Michael Spindelegger meldete sich am Montag zu Wort: "In dieser Situation gibt es nichts anderes, als dass man sein Amt zur Verfügung stellt", meinte ÖVP-Chef Vizekanzler Michael Spindelegger zur "Kleinen Zeitung" (Dienstag-Ausgabe). "Daran führt kein Weg vorbei. Ich verstehe nicht, warum er überhaupt noch eine Minute zögert."

SPÖ: "Unfassbar" und "abstoßend"

Als "unfassbar" hat die SPÖ die Aussagen Scheuchs bezeichnet. Noch "unfassbarer" fand SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas im Gespräch mit der APA am Montag die Tatsache, dass FPÖ-Chef Strache seit drei Tagen zu dieser Causa schweige. Das würde es in keiner anderen Partei geben, so Rudas.

Ein Rücktritt sei "eine Sache des politischen Anstands". Dass Scheuch den eigenen Rücktritt ausschließt und gleichzeitig auf Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) verweist, gegen den in der Inseratenaffäre ermittelt wird, bezeichnete Rudas als "typische FPÖ-Taktik der Täter-Opfer-Umkehr".

Der zweite SPÖ-Bundesgeschäftsführer, Günther Kräuter, bezeichnete Scheuchs Aussagen in einer Aussendung als "peinlich und abstoßend". "Scheuch gebärdet sich als wüster Politrüpel, der wie ein Ertrinkender um sich schlägt", so Kräuter. (APA, 9.6.2012)