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Serena Williams hat das Posieren ausreichend geübt

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Nur ein paar Stunden nach ihrem Finalsieg im Einzel krönte sich Serena Williams (re.) endgültig zur Königin von Wimbledon. Mit ihrer Schwester Venus war sie auch im Doppel erfolgreich. Es war der 13. gemeinsame Triumph bei einem Grand-Slam-Turnier.

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Pathos schwang in der Stimme mit, die Worte wählte Serena Williams bedächtig. Die Inszenierung des Augenblicks nach ihrem Triumph in Wimbledon gelang ihr fast noch besser als der 6:1-, 5:7-, 6:2-Sieg über die Polin Agnieszka Radwanska. "Vor ein paar Monaten lag ich noch im Krankenhaus. Jetzt stehe ich hier", sagte die 30-jährige US-Amerikanerin. "Davon habe ich nie zu träumen gewagt."

Der Finalsieg von Serena Williams am Samstag stand praktisch nie zur Diskussion. Bärenstark war der erste Aufschlag, mit insgesamt 102 Assen in sieben Partien stellte sie neuen Wimbledon-Rekord auf. Nur kurz im verlorenen zweiten Satz kam Sand ins Getriebe, ehe im finalen Durchgang wieder alles funktionierte. Beim Spielstand von 1:2 gelangen Serena Williams vier Asse in Folge innerhalb von 49 Sekunden, davon hat sich Radwanska nicht mehr erholt.

Die 23-Jährige, die mit der Niederlage den erstmaligen Sprung an die Spitze der Weltrangliste verpasste, zeigte sich dennoch zufrieden. "Ich bin natürlich stolz. Ich hatte die besten zwei Wochen meines Lebens", sagte sie.

Doppelsieg mit der Schwester

Mit ihrem fünften Erfolg in Wimbledon hat Serena mit ihrer um ein Jahr älteren Schwester Venus gleichgezogen. Gemeinsam holten sie zudem nur wenige Stunden später im Doppel den 13. Grand-Slam-Titel ihrer Karriere. Das erfolgreiche Comeback nahm Serena zum Anlass, um ihre Leidensgeschichte zu erzählen. "Es war viel, ganz schön viel", begann sie. "Ich war down. Am tiefsten Punkt."

Vor zwei Jahren, bald nach ihrem vierten Erfolg in Wimbledon, war sie in einem Restaurant in München in Glasscherben getreten. Zweimal musste sie an beiden Füßen operiert werden. Was im Frühjahr 2011 folgte, war eine lebensgefährliche Lungenembolie, ein Blutgerinnsel musste ihr entfernt werden. Nächtelang, erzählte Williams, hätten Familie und Freunde am Krankenbett ausgeharrt.

Der Weg zurück war beschwerlich, und diese Beschwerlichkeit packte Williams in eine Erzählung: "Es gab einen Moment, da saß ich auf der Couch. Ein oder zwei Tage bin ich nicht aufgestanden. Mir war einfach alles zu viel. Ich habe gebetet, weil ich nicht mehr konnte: Bitte, lass mich das hier durchstehen."

Ihren insgesamt 14. Einzeltitel bei einem Grand-Slam-Turnier, der mit dem Siegesscheck von 1,45 Millionen Euro belohnt wurde, wusste Serena Williams richtig auszukosten. Erlöst kletterte sie in ihre Spielerbox, umarmte Vater Richard und weinte in den Armen ihrer Mutter Oracene und ihrer Schwester Venus. Mit dem silbernen Teller in der Hand tanzte sie dann auf dem schon ordentlich mitgenommenen Rasen herum, nicht und nicht wollte das zufriedene Grinsen in ihrem Gesicht verschwinden. "Mental bin ich erst zwölf oder 13. Ich hoffe, ich werde bald erwachsen."

Dabei wird die Amerikanerin im September 31 Jahre alt. Zuletzt hatte Martina Navratilova als über 30-Jährige in Wimbledon gewonnen. Die heute, Montag, veröffentlichte neue Weltrangliste schmückt Williams auf Rang vier. Vor den US Open im Vorjahr war die ehemalige Erste noch auf Rang 172 zu finden. Bei den French Open im Frühjahr scheiterte sie in der ersten Runde.

Serenas in Wimbledon zurückgekehrte Klasse erinnert frappant an ihre Dominanz vor zehn Jahren, als sie 2002/03 nacheinander in Paris, London, New York und Melbourne gewann und den "Serena-Slam" schaffte. Die Rekorde von Steffi Graf (22 Titel bei Grand-Slam-Turnieren) Chris Evert und Navratilova ( beide 18) hält sie für angreifbar. "Ich wüsste nicht, warum sie es nicht sein sollen", sagte sie. "Ich mache das nach und nach. Mein Ziel ist das nächste Turnier, dann der nächste Grand Slam." Ein nicht unwichtiges Turnier steigt in drei Wochen erneut in London - für die Olympischen Spiele ist Serena Williams Topfavoritin. (krud, sid, DER STANDARD, 9.7.2012)