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Paris spielt mit dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble Katz und Maus: Zuerst Ja zu ihm als Eurogruppenchef, dann Nein, jetzt soll er das Amt mit Pierre Moscovici (re.) "brüderlich" teilen.

Foto: ap/axel schmidt

Am 17. Juli läuft das Mandat von Jean-Claude Juncker als Chef und Sprecher der Eurogruppe aus. Der luxemburgische Premierminister zeigte sich nach Angaben seines Sprechers noch Freitag bereit, seine Arbeit " unter gewissen Bedingungen" sechs Monate lang provisorisch fortzusetzen, bis eine definitive Lösung gefunden sei.

Er besteht darauf, dass zuvor Luxemburgs Notenbankchef Yves Mersch als sechstes Direktoriumsmitglied an der Spitze der Zentralbank (EZB) bestätigt wird. Spanien blockiert das bisher per Veto.

Nun könnte zum Eurogruppentreffen heute, Montag, zwi- schen den Euro-" Großmächten" Deutschland und Frankreich ein Kompromiss gefunden worden sein. Der Spiegel berichtet, dass es eine "Halbe-halbe-Lösung" geben solle. Die Funktion könnte zwischen dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble (Junckers persönlicher Wunschnachfolger) und dessen französischem Kollegen Pierre Moscovici zeitlich aufgeteilt werden. Schäuble würde beginnen, nach zwei Jahren würde der Franzose übernehmen.

Stärkerer Euro-Chef

Ob dies mit sofortiger Wirkung Montag beschlossen wird oder ob Juncker bleibt, um den Boden für weitere Euroreformen bis Jahresende aufzubereiten, war am Sonntag unklar. Die Meldung wurde von Berlin und Paris weder bestätigt noch dementiert.

Grundsätzlich wollen Präsident François Hollande und Kanzlerin Angela Merkel den Eurogruppenchef deutlich stärken. Aber das braucht Zeit und Reformen. Schäubles Sprecher sagte dem Standard, es gebe "keinen neuen Stand". Freitag hatte er noch erklärt, es gebe "bisher keine Lösung für den Posten". Die Nerven liegen blank in den Hauptstädten. Denn wie es in EU-Ratskreisen am Freitag hieß, kämen nach Ablaufen der Periode Junckers EU-Vertrag und Geschäftsordnung zur Anwendung - wie bei jedem Fußballklub auch. Das Amt des Eurogruppenchefs ginge automatisch an den Finanzminister des aktuellen EU-Ratsvorsitzes - Zypern - über. Das wäre der Zyprer Vassos Shiarly. Da sein Land pleite ist, um Milliardenhilfe angesucht hat, wäre das eine doch seltsame Lösung.

Pariser Erpressung

Entscheiden müssen die Eurofinanzminister laut Statut mit einfacher Mehrheit - anders als beim künftigen EZB-Direktor, wo Einstimmigkeit erzielt werden muss.

Da die siebzehn Eurofinanzminister gemäß Tagesordnung auch über künftige Milliardenhilfen für Griechenland, Spaniens Banken und eben Zypern beraten, ist für eine spannende Sitzung gesorgt.

Käme eine Halbe-halbe-Lösung mit Schäuble-Moscovici, erinnerte das an die Wahl des ersten EZB-Präsidenten, Wim Duisenberg, im Jahr 1998. Obwohl die Amtszeit im EU-Vertrag mit acht Jahren fixiert war, blockierte Frankreichs Präsident Jacques Chirac so lange, bis er die Zusage erhielt, dass "sein" Jean-Claude Trichet zur Halbzeit Duisenberg ablöse. Kanzler Helmut Kohl gab damals nach. Offiziell bestätigt wurde dieser Deal nie. Aber Duisenberg trat 2003 zurück, Trichet folgte nach. (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, 9.7.2012)