Voorburg - Das Recht des Gaddafi-Sohns Saif al-Islam auf einen fairen Prozess ist nach Ansicht seiner Verteidigung "unwiderruflich verletzt" worden. Die Anwältin des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), Melinda Taylor, sagte am Freitag nahe Den Haag, die libyschen Behörden hätten ihr Treffen mit dem Sohn des früheren Machthabers Muammar al-Gaddafi widerrechtlich abgehört und Einsicht in vertrauliche Unterlagen genommen, die vom Dienstgeheimnis und den Vorschriften des Tribunals geschützt gewesen seien.

Saif al-Islam werden vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach dem Beginn der Proteste im Februar 2011 vorgeworfen. Libyen lehnt einen Prozess in Den Haag ab und will den Gaddafi-Sohn stattdessen selbst vor Gericht bringen. Mit Blick auf diese Forderung sagte Taylor: "Die jüngsten Ereignisse haben gezeigt, dass es für Herrn Gaddafi unmöglich sein wird, von einem libyschen Gericht unabhängig und objektiv behandelt zu werden."

Taylor war mit drei weiteren IStGH-Mitarbeitern fast einen Monat lang unter Spionageverdacht in Libyen festgehalten worden und ist seit Montag wieder frei. Der 36-Jährigen wird vorgeworfen, sie habe bei ihrem Treffen mit Saif al-Islam, eine Stiftkamera eingeschmuggelt und versucht, ihm eine verschlüsselte Nachricht von dessen gesuchten Vertrauten Mohammed Ismael zu übermitteln. Taylor bekräftigte, sie habe während ihres Libyen-Aufenthalts nicht gegen die Statuten des IStGH verstoßen und kündigte an, den Richtern in Den Haag einen Bericht vorzulegen. (APA, 6.7.2012)