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Politiker, raus auf die Straße, um den Bürgern die Veränderungen in Europa besser zu erklären, verlangt SP-Fraktionschef Swoboda.

Foto: APA/EPA/Seeger

Die Bürger müssten dabei sein, sagt SP-Fraktionschef Hannes Swoboda im Gespräch mit Thomas Mayer.

 

Einfach reden, für normale Leute verständlich sein, das sei für Profi-Politiker heutzutage eine der großen Schwierigkeiten, räumt Hannes Swoboda ein. Nicht zuletzt bei der Eurokrise und den von den Regierungen und EU-Institutionen ergriffenen Maßnahmen zeige sich das deutlich: "Die Dinge sind komplex, sehr kompliziert geworden", sagt der Sozialdemokrat, was aber natürlich "keine Ausrede sein darf, dass wir noch mehr erklären, für klare Positionen eintreten müssen".

Seit Jahresanfang führt er als Chef der SP-Fraktion die zweitgrößte Formation im EU-Parlament in Straßburg an und reiste seither mehr denn je durch alle Länder der Union, insbesondere die Krisenstaaten. Seine Einsicht: "Es ist in Bezug auf die Notwendigkeit von Reformen eine tiefe Kluft entstanden" - einerseits zwischen den politischen Entscheidungsträgern und den Bürgern, andererseits aber etwa "auch zwischen Abgeordneten auf der europäischen Ebene und den nationalen Parlamentariern", erklärt er.

Ein drastisches Beispiel seien die Eurohilfen auch für die Banken, worüber europaweit hitzig debattiert werde: "Es ist absolut richtig, dass wir einen neuen Zugang finden müssen zu den Bürgern, die verärgert sind, dass man den Banken hilft, den Menschen aber nicht", sagt Swoboda.

Wie das europäische Wirtschaftssystem besser sozialen Grundsätzen folgen könnte, das sei eine der entscheidenden Fragen der Zukunft. Europas Sozialdemokraten hätten schon begonnen, Plattformen für gemeinsame europäische Antworten ins Leben zu rufen. "Ich hoffe, dass die anderen Parteien das Gleiche tun", meint er mit Blick auf die Europawahlen 2014. Zur Einfachheit der Welt der Nachkriegszeit wird man nicht mehr zurückkönnen. In einem sind sich die vier großen "Parteifamilien" und Fraktionen im EU-Parlament - Konservative, Sozialdemokraten, Liberale, Grüne - bereits einig: Aufgrund der Dynamik, die in drei Jahren der Krise in die europäische Entwicklung gekommen ist, die fast ganz von den Staats- und Regierungschefs dominiert wurde, sei jetzt eine tiefgehende EU-Reform unausweichlich.

Swoboda hat mit seinen Kollegen eine Vier-Parteien-Initiative ergriffen. Ziel: Bis Jahresende müsse geklärt werden, welche Art EU- und Euroreformen kurzfristig ohne Vertragsänderung möglich seien - beziehungsweise wofür man den im Vertrag vorgesehenen Reformkonvent aus Regierungen und Abgeordneten brauche. Die grüne Fraktionschefin Rebecca Harms hat sich bereits darauf festgelegt, dass ein Konvent unbedingt nötig sei.

Swoboda sagt: "Wir sollten zuvor noch dafür sorgen, dass in Gesprächen mit Bürgerforen geklärt wird, was für Reformen man sich für Europa denn vorstellt, das muss auf die Straße." Ein Konvent "von oben" sei möglicherweise kontraproduktiv: "Wir müssen einmal weg von Brüssel, hin zu den Bürgern, hinaus zu den Leuten", sagt er.

Aber, so wie für Liberalenchef Guy Verhofstadt ist auch für ihn klar: Den Regierungschefs dürfe man die EU-Reform nicht mehr überlassen. "Das EU-Parlament muss voll eingebunden sein." (Thomas Mayer aus Brüssel /DER STANDARD, 7.7.2012)