"Die Lust der Männer".

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Wien - Die größte Angst im Leben von Nim war, einmal nicht mehr zu können: "Dass er mich verlässt, der Kleine." Hat er? Er hat, aber: "Je älter ich werde, umso mehr fällt das ab." Kompliziert bleibt es dennoch, sagt Nim, 71: "Ich kann zwar immer noch, aber nicht, wenn er will, und nicht, wenn ich will, sondern wenn es passt. Und es passt jetzt schon lange nicht mehr." Weisheit des Alters: "Tut mir aber nicht leid. Das ist ein Mordsgewicht, das abfällt."

Weniger Stress

Nach ihrer Doku "Die Lust der Frauen" präsentiert Gabriele Schweiger erneut Geständnisse über Sex im Alter, diesmal von Männern. In "Die Lust der Männer" (Sonntag, 22.55 Uhr) sprechen ihre Interviewpartner recht frei aus, dass es irgendwann weniger eine Frage des Wollens als des Könnens ist und wie man es sich trotzdem schön macht: "Na klar ist es nicht mehr so, dass die Ejakulation quer durchs Zimmer läuft", erzählt Günther, 65: "Das Sperma fließt jetzt gemächlicher und vielleicht nicht mehr so oft."

Weniger Stress, weniger Ängste habe Sexualität heute, beteuern die Porträtierten. Und was man selbst gegen den natürlichen Alterungsprozess tun kann, beschreibt Edgar, 65, mit einem Lachen: indische Schwanzgymnastik. Einen vergnüglichen und berührenden Ausflug in die Facetten männlichen Erlebens unternimmt Schweiger. Wie schon in Die Lust der Frauen verzichtet sie auf Kommentare und lässt ihren Gesprächspartnern freien Lauf. Repräsentativ für Wünsche und Bedürfnisse von Seniorensex ist Schweigers Auswahl aus Künstlern, Esoterikern, Ganzheitsmedizinern und Intellektuellen freilich nicht. Die Entscheidung, sich auf diese Auswahl zu verlassen, war dennoch richtig. Als Redner geben sie preis, worüber die Mehrheit - Männer wie Frauen - in der Öffentlichkeit nicht ernsthaft sprechen und wovon sie noch weniger hören will: über Liebe im Alter, Triebhaftigkeit, Harmoniebedürfnisse und ganz normale Schwächen.

Bei aller Offenheit scheint es dennoch ein letztes großes Tabu zu geben: Viagra spielt bei Schweigers Männern keine Rolle. (Doris Priesching, DER STANDARD, 7./8.7.2012)