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"Vereinigung der Stalinisten und Leninisten" steht auf dem Plakat der Demons tranten in Bukarest, die gegen das Amtsenthebungsverfahren gegen Basescu demonstrieren.

Foto: Reuters/Sigheti

Das rumänische Parlament hat am Freitagabend mit einer großen Mehrheit für die Absetzung von Präsident Traian Basescu gestimmt. Die EU-Kommission ist über die Entwicklungen in Rumänien besorgt.

 

Bukarest/Brüssel - Das rumänische Parlament hat am Freitagabend mit einer großen Mehrheit von 258 Stimmen für die Suspendierung des konservativen Präsidenten Traian Basescu gestimmt. Am 29. Juli findet nun ein Referendum über die Amtsenthebung statt. Die Initiative ging von den Regierungsparteien aus, die dafür den Weg im Eilzugstempo und durch fragwürdige Maßnahmen geebnet hatten. Interimspräsident ist nun der nationalliberale Senatspräsident Crin Antonescu.

Die EU-Kommission zeigte sich angesichts von "Aktionen, die die wirksamen Machtbefugnisse von unabhängigen Institutionen wie dem Verfassungsgerichtshof zu reduzieren scheinen" am Freitag sehr besorgt. Kommissionspräsident José Manuel Barroso telefonierte mit dem rumänischen Premier Victor Ponta, der ihm und EU-Kommissarin Viviane Reding kommenden Donnerstag in Brüssel wird Rede und Antwort stehen müssen. Die Justizkommissarin wird indes das gesamte Paket an Gesetzesänderungen, vor allem aber die Beschränkung des Verfassungsgerichts unter die Lupe nehmen. Die rumänische Regierung hatte zudem versucht, zwei (unkündbare) Verfassungsrichter abzusetzen. Und Ponta hat ein Urteil des Verfassungsgerichtshofs gänzlich missachtet. Anders als im Fall von Ungarn steht aber kein EU-Vertragsverletzungsverfahren im Raum, weil offenbar EU-Recht nicht tangiert ist. Trotzdem hat die Kommission mehr Eingriffsmöglichkeiten als in Ungarn, weil Rumänien noch immer unter einem Monitoring steht.

Schutzmaßnahmen

Noch vor dem Beitritt 2007 wurde im Rahmen dieses Monitorings vereinbart, dass die Kommis sion "Schutzmaßnahmen" ergreifen kann, wenn Bukarest im Justizbereich die Vorgaben nicht erfüllt. Nach diesem Mechanismus könnte Brüssel nun als Sanktion beschließen, dass "rumänische Urteile und Gerichtsentscheidungen" im Rest der EU nicht mehr anerkannt werden und der europäische Haftbefehl im Fall von Rumänien nicht mehr vollstreckt wird.

Nicht nur in der Kommission ist man besorgt. Auch die deutsche Regierung äußerte "beträchtliche Zweifel" an der "Legitimität" des Vorgehens der rumänischen Regierung. Deutschland stellte auch den von Rumänien gewünschten Schengen-Beitritt infrage.

Der rumänische Jurist Sergiu Constantin glaubt, dass viele der neuen Gesetze nicht verfassungskonform sind und revidiert werden. Ein Amtsenthebungsverfahren des Präsidenten ist auch nur bei einem schwerwiegenden Bruch der Verfassung vorgesehen. Und solch einer liegt laut dem Gutachten des Verfassungsgerichts vom Freitag wohl nicht vor. Das Gericht räumte aber ein, dass Basescu die Kompetenzen des Premiers in Wirtschaftsfragen eingeschränkt haben könnte und es verabsäumt hat, sich voll als Vermittler einzusetzen. (Adelheid Wölfl /DER STANDARD, 6.7.2012)