Surfen auf der Mur: Ein beliebter, aber, wie die medizinische Uni erhob, höchst gesundheitsgefährdender Wassersport.

Foto: Gubisch

Graz - Vor einigen Tagen tauchten in steirischen Medien Teile einer mysteriösen Studie aus dem Jahr 2011 auf, in der vor einer bakteriologischen Verseuchung der Mur gewarnt wird. Die zuständige Landessanitätsdirektion wiegelte aufgeregte Nachfragen umgehend ab, die Daten seien "tradiertes Wissen", keine Aufregung, von einer Gesundheitsgefährdung sei keine Spur. Die Studie verschwand wieder in der Versenkung.

Der Projektleiter dieser Mur-Studie, die das Land Steiermark mitfinanziert hatte, Franz Mascher vom Institut für Hygiene, Mikrobiologie und Umweltmedizin an der Medizinischen Universität Graz, kann durchaus nachvollziehen, warum die offiziellen Stellen im Land den Ball flach halten wollen. Mascher sagt am Donnerstag im Gespräch mit dem STANDARD: "Man ist mit diesen Ergebnissen offenbar nicht ganz glücklich, weil man es nicht erwartet hat."

Hygiene-Status ist alarmierend

Denn all die Jahre galt die Mur als völlig sanierter Fluss mit höchster Wasserqualität. Was teilweise auch stimme. Die ökologische Qualität der Mur als Lebensgrundlage für Organismen habe sich dramatisch verbessert, sagt Mascher. Nicht gemessen wurde allerdings bisher der hygienische Status. Und der sei eben schlicht alarmierend.

In der Analyse kommt Mascher zum Schluss, "dass die Mur als Badegewässer und für andere Wassersportaktivitäten nicht geeignet und ... aufgrund der teilweise ganz massiven Grenzwertüberschreitungen als gesundheitsgefährdend einzustufen ist".

Stillhalten wegen geplanten Murkraftwerks

Warum das Land die brisante Studie nicht offensiv veröffentlichte und bisher auch keine Warnung herausgegeben habe, liege wohl daran, sagt Mascher, dass die Studie auch vor dem Hintergrund des geplanten Murkraftwerks in Auftrag gegeben worden sei. Integraler Bestandteil des Kraftwerks ist ja ein geplantes, städtisches Naherholungsareal direkt an der Mur - mit Möglichkeiten des Wassersports. Was im Lichte der Studie nun kaum mehr denkbar scheint.

Die Betreiber des 95-Millionen-Euro-Kraftwerksprojekts, der Landeskonzern Energie Steiermark AG, sieht sich hier aber nicht in der Verantwortung. Konzernsprecher Urs Harnik: "Die Freizeitgestaltung liegt bei der Stadt. Außerdem wird ja kein Badesee geplant." Hygienewissenschafter Macher: "Ich verstehe nicht, wie man mit einem Erholungsraum mit Sportmöglichkeiten im Wasser überhaupt werben kann."

Es liege ganz offensichtlich auch am "großen Irrtum, dass die Mur, wie auch von Politikern behauptet wird, sogar Trinkwasserqualität hat. Das stimmt nicht."

Krankheitserreger im Fluss

Nach wie vor gelangen Krankheitserreger in den Fluss. Über normale Abwasserkanäle, bei starken Regenfällen werden zudem Kanäle überschwemmt und Fäkalien rinnen direkt und ungeklärt in die Mur. Ein "fataler Irrtum" sei auch, dass Kläranlagen Krankheitserreger herausfiltern. Mascher: "Nein, auch gereinigtes Abwasser ist ganz massiv mit Fäkalindikatoren kontaminiert."

Eine Behebung des Hygieneproblems der Mur sei - wie in der Isar in München praktiziert - nur mit einer sehr kostenintensiven Sanierungen zumindest in Teilabschnitten machbar. (Walter Müller, DER STANDARD, 6.7.2012)