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Wien - Die Taliban kommen auch vor. Aber nur am Rande. Die große "Afghanistan"-Ausstellung, die im Wiener Museum für Völkerkunde gezeigt wird, widmet sich anhand von rund 700 Objekten aus der umfangreichen hauseigenen Sammlung den Lebenswelten von in Afghanistan lebenden Stämmen. Zwar hat vor allem die im März 2001 erfolgte Sprengung der beiden Buddha-Statuen im Bamiyan-Hochtal für weltweite Schlagzeilen gesorgt, doch der Kulturwandel schreitet in dem von Kriegen erschütterten Land seit vielen Jahren rapide fort: "Hier wird die Musealisierung tatsächlich zur Sicherung des Gedächtnisses", betonte KHM-Generaldirektor Wilfried Seipel. "So jung unsere Sammlung ist, so erschütternd ist die Tatsache, dass sie sich bereits auf die Vergangenheit bezieht." Gegenstände des täglichen Lebens

Das Gros der heute rund 2.500 Inventarnummern umfassenden Afghanistan-Sammlung des Völkerkunde-Museums wurde ab 1958 durch den ehemaligen Abteilungsleiter des Museums, Alfred Janata, aufgebaut. Der Schwerpunkt der Sammlungstätigkeit, die erstmals derart umfassend präsentiert wird, lag nicht auf Pretiosen und Kunstschätzen aus vergangenen Epochen, sondern auf Gegenständen des täglichen Lebens, auf Werkzeugen und Erzeugnissen der Handwerker, auf Kleidung und Schmuck. Doch bereits damals war es nicht leicht, derartige Objekte anzukaufen. "Es hat schon vor 1979 einen rasanten Verfall gegeben, der besonders das autochthone Handwerk betroffen hat", erläuterte Axel Steinmann, heute zuständiger Kurator und Gestalter der Ausstellung. Vor allem der Import billiger Plastikware hätte den bodenständigen Handwerkern arg zu schaffen gemacht. "Mittlerweile, nach 24 Jahren Krieg, ist das Land weitgehend devastiert."

Steinmann hat auf 2.200 Quadratmetern gemeinsam mit dem Ausstellungsarchitekten Karl Peyrer-Heimstätt eine zurückhaltende, informative Präsentation zusammengestellt, in der anhand von 49 kleinen Kapiteln mosaikartig ein Gesamtbild entstehen soll, das viele verschiedene Lebensbereiche umfasst - vom handpuppenartigen "Ziegen-Spiel" bis zum "Teehaus-Orchester", von geschnitzten Fensterrahmen bis zu Wasserpfeifen und Gebetsketten. Prunkstücke sind ein pashtunisches Nomadenzelt samt Inventar aus dem Südosten Afghanistans sowie eine eingerichtete Jurte aus dem westlichen Zentralafghanistan. Politik

Die Ausstellung wird von einem Katalog begleitet, in dem sich auch Beiträge zur aktuellen politischen Lage finden. Fotos, die Max Klimburg in beinahe 50-jähriger Reisetätigkeit in der Region gemacht hat, geben zusätzlich einen Einblick in die Vielfältigkeit der dortigen Kulturen: Eine Studie hat hier an die 55 ethnische Gruppen ausgemacht. Die Wichtigkeit von musealen Sammlungen des Westens dokumentiert auch der Umstand, dass etwa lange vor dem Nationalmuseum in Bagdad auch das Museum von Kabul in ähnlicher Weise geplündert wurde.

(APA)