Es war insbesondere eine Blamage für die FPÖ, damit aber auch für die Koalition. Und es war eine Blamage für den Bundesrat als Ganzen. Die Länderkammer, seit jeher ein Hort der Bedeutungslosigkeit und von der Öffentlichkeit praktisch nicht mehr wahrgenommen, gab am Montag noch einmal ein kräftiges Lebenszeichen von sich. Dieses muss allerdings unter dem Kapitel Skurrilitäten verbucht werden und ist dem Bundesrat in der Diskussion über seine Existenzberechtigung sicher nicht förderlich.

Die FPÖ-Abgeordneten im Bundesrat konnten sich nicht entschließen, ob sie nun für Pensionsreform und Abfangjäger oder dagegen stimmen sollten und ließen nach Rücksprache mit Jörg Haider daher beides bleiben. Die anderen Fraktionen brachten damit keine Mehrheiten zustande. Damit ist das Budgetbegleitgesetz auf zumindest acht Wochen blockiert.

Der Pallawatsch im Bundesrat kommt aber durchaus zur rechten Zeit. Nächste Woche wird erstmals der Österreich- Konvent zusammentreten, um die Grundlagen einer Staatsreform und eine Straffung der Verfassung zu diskutieren. Dabei wird auch die Abschaffung des Bundesrates ein Thema sein - zu Recht.

Schon jetzt wird der Bundesrat von den Parteien gelegentlich als Ausgedinge für jene Mandatare missverstanden, die aus verschiedenen Gründen keinen Platz im Nationalrat finden. Und im Bundesrat auch nicht viel anstellen können. Zumindest letzteren Punkt haben die freiheitlichen Laienschauspieler mithilfe der Regieanweisungen aus Klagenfurt am Montagabend widerlegt.

Ihnen war es darum gegangen, der ÖVP Rahmenbedingungen für einen möglichen Volksentscheid über die Harmonisierung der Pensionssysteme zu diktieren. So, wie es üblicherweise die ÖVP mit ihrem Partner zu handhaben pflegt. Doch die ÖVP ließ sich nichts diktieren, daher rangen sich die blauen Mandatare zu einem heldenhaften Jein durch. Der ÖVP zum Trotz.

Mehr als eine Trotzreaktion ist es auch nicht, aber der Kärntner Landeshauptmann äußerte sich hochzufrieden. Er ist zwar der Verursacher dieses Chaos, in der öffentlichen Wahrnehmung hat aber die von ihm so ungeliebte Koalition in Wien eine weitere Panne erlitten, für die Bundeskanzler Wolfgang Schüssel geradestehen muss.

Die tatsächlichen Auswirkungen der Abstimmungsgroteske auf die Gesetzwerdung von Pensionsreform und Abfangjägerankauf sind aber überschaubar. Komplexer sind dagegen die möglichen Auswirkungen auf die Regierungskoalition und ihren Fortbestand. Die Vertreter der ÖVP sind zu Recht irritiert und verärgert.

Der ehemalige FPÖ-Chef hat nach wie vor den Einfluss, die Koalition nachhaltig zu stören, das hat er mehrmals bewiesen, dazu scheint er keine Gelegenheit auszulassen. Er hätte auch die Möglichkeiten, sie zu sprengen, das hat er sich diesmal (noch) nicht getraut.

Ob er auch die Kraft hat, sich selbst wieder an die FPÖ- Spitze zu hieven, ist offen. Viele wollen Haiders Rückkehr, auch weil sie die Schwäche ihres jetzigen Chefs Herbert Haupt innerparteilich als auch gegenüber der ÖVP erkannt haben. Viele sind aber gegen ein Comeback Haiders, weil sie zwar seine Zugkraft schätzen, aber seine Gemütsschwankungen, seine Unberechenbarkeit und Destruktivität kennen - zur Genüge.

Haider desavouiert seine (ehemaligen?) Vertrauensleute Herbert Haupt und Herbert Scheibner. Diese Koalition passt ihm nicht, und seine eigene Position passt ihm nicht. Er wäre gerne Bundeskanzler, das geht nicht. Vizekanzler wäre auch schon etwas, aber selbst das wird schwierig. Immerhin erscheint die neuerliche Übernahme der Parteiführung ein erreichbares Ziel.

Parallel dazu versucht Kanzler Schüssel auf Regierungsebene etwas weiterzubringen. Die Schuttberge, die nach jedem noch so kleinen Schritt nach vorne wegzuräumen sind, werden aber immer größer. Und letztendlich droht die schwarz-blaue Regierung unter diesen Schuttbergen begraben zu werden. (DER STANDARD, Printausgabe, 25.6.2003)