Elisabeth Mannsberger und ihr Hund Daily besuchen regelmäßig Volksschulen und Kindergärten, um den sicheren Umgang mit Vierbeinern zu vermitteln. Regel Nummer eins: Nie auf einen Hund zustürmen, zuerst den Besitzer fragen und dann das Tier an der Hand schnüffeln lassen.

Foto: derStandard.at/Julia Schilly

Auch der richtige Umgang mit Beißkorb und Kotsackerl will gelernt sein.

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Damit die Kinder die Körpersprache der Hunde besser verstehen, schlüpfen sie selbst in die Rolle eines Tiers. Dazu bekommen sie einen Stoffschwanz umgebunden.

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Auch Daily führt ein paar Grundlagen vor: Diese Geste bedeutet Spielbereitschaft.

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Mannsberger ist es wichtig, den Kindern zu vermitteln, dass ein Hund kein Spielzeug ist, sondern auch Arbeit macht und Geld kostet.

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Nach 90 Minuten Unterricht braucht auch die disziplinierte Daily eine lange Pause.

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Die Erstklässlerin fletscht die Zähne und knurrt. Den umgebundenen Stoffschwanz zieht sie zwischen den Beinen ein. In der Schulstunde wird gerade die Körpersprache von Hunden durchgenommen. Elisabeth Mannsberger vom Verein "Schulhund" versucht Kindern den sicheren Umgang mit Vierbeinern zu lehren. Damit die Schüler die Tiere besser verstehen, schlüpfen sie in deren Rolle. 5.900 Menschen wurden 2011 laut Freizeitunfallstatistik von Hunden so schwer verletzt, dass sie im Krankenhaus behandelt werden mussten. 80 Prozent der Verletzungen waren Bisswunden, die restlichen 20 Prozent betrafen Kratzer oder Verletzungen nach Zusammenstößen. Und jeder fünfte Betroffene war ein Kind unter 15 Jahren.

Mannsberger ist überzeugt, dass sich vieles durch Prävention vermeiden ließe. 56.000 Hunde wurden nach Angaben des Magistrats für Abgabewesen im Vorjahr in Wien angemeldet. Das Konfliktpotenzial ist besonders in der Großstadt vorhanden. Daher besucht die Hundebesitzerin mit ihrer zertifizierten Schulhündin "Daily Sunshine" regelmäßig Wiener Volksschulen und Kindergärten, um Aufklärungsarbeit zu leisten.

Situationen falsch einschätzen

"Dürft ihr Hunde beim Fressen streicheln?", fragt sie. Unschlüssiges Fußwippen im Sesselkreis. Ein Mädchen mit wilden Locken platzt heraus: "Ja, damit es ihr noch besser schmeckt!" Eindringlich klärt die Hundehalterin die Kinder auf, dass sie niemals ein Tier beim Fressen anfassen dürfen. Denn in dieser Situation komme es sogar zu den häufigsten Beißunfällen mit dem eigenen Hund. Die Erfahrung zeigt, dass Kinder, die einen eigenen Hund haben, sich nicht unbedingt besser zu verhalten wissen. Sie tendieren sogar zu unvorsichtigem Verhalten wie eben zu Liebesbekundungen, während der Hund frisst.

Die Themen der Besuche werden immer an Alter und Klasse angepasst. Heute geht es auch um Angstbewältigung. Panische Angst vor Hunden kann bei Schulausflügen gefährlich werden. Es sei schon vorgekommen, dass Kinder blindlings über eine Straße gelaufen sind, wenn sie einen Hund am Gehsteig getroffen haben. Die Angst rührt nicht nur von negativen Begegnungen, oft übertragen Erwachsene ihre negativen Gefühle gegenüber Vierbeinern auf ihren Nachwuchs.

"Fürchtet sich wer vor meinem Hund?", fragt Mannsberger die Kinder. Schüchternes Fingerdrehen. Drei Mädchen trauen sich schließlich aufzuzeigen. Auch mit sieben Jahren zeigt niemand gerne Schwächen. "Okay, dann werde ich darauf achten, dass die Daily nicht zu euch kommt", verspricht die Hundehalterin. "Und du sitzt eh neben der Frau Lehrer", ergänzt sie in Richtung eines Mädchens, das besonders große Augen macht.

Körpersprachkurs

Doch auch furchtloses Bestürmen und Streicheln können zu gefährlichen Situationen führen. "Hunde denken nicht so wie wir, und sie können nicht reden", erklärt sie den Kindern. Der zentrale Punkt des Vortrags: Verhaltenstraining. Punkt eins: Die Kinder sollen immer den Besitzer fragen, ob sie den Hund streicheln dürfen. Der zweite Leitsatz: "Ihr dürft nie mit einem Hund spielen, wenn kein Erwachsener in der Nähe ist."

Um Konflikte im Vorfeld zu vermeiden, geht es nun zum Kapitel Körpersprache. So bedeute Schwanzwedeln nicht unbedingt, dass der Hund gerade gut drauf ist. Das heiße einfach nur, dass er aufgeregt sei, erzählt die Trainerin. Besonders wichtig ist es ihr, dass die Volkschüler einen ängstlichen Hund erkennen. Angelegte Ohren und gefletschte Zähne sind ein wichtiger Hinweis.

Die Kinder sollen näher rücken und sich den weißen Schäferhund genau anschauen. Mannsberger deutet auf die Krallen, die der Hund im Gegensatz zur Katze nicht einziehen kann. Geduldig hält Daily die Pfote hin. "Wenn er euch beim wilden Spielen damit kratzt, macht er das nicht, weil er böse ist", sagt die Hundehalterin. Falls die Kinder Angst bekommen, sollen sie auf keinen Fall die Arme hochreißen. Der Hund könnte glauben, dass sie ihn schlagen wollen.

Trockenübung mit Hundesackerl

Der Schulhundbesuch muss prinzipiell von der Bezirksschulinspektorin abgesegnet werden und die Eltern müssen ihre Einwilligung geben. Wie weit die Kinder bei einem Angstbewältigungstraining gehen wollen, entscheiden sie selbst. 

Während einige Kinder das Geschehen noch vorsichtig im Hintergrund beobachten, traut sich David schon an die Königsdisziplin: Er legt Daily einen Beißkorb an. Dazu zieht er behutsam ihre großen Ohren durch die Lederbefestigung. Maulkorb und Leine müssten überall angelegt werden, wo viele Menschen sind. Denn nicht jeder habe eine Freude, wenn er von einem Hund freudig angesprungen wird, erklärt die Erwachsene.

Schließlich bekommt auch ein anfangs ängstliches Mädchen Lust: Sie wagt sich ganz nahe an Daily heran und streicht ihr schließlich mit der Hand dreimal vorsichtig über den Rücken. Der Stolz über ihren überraschend gefassten Mut ist ihr anzusehen. 

Neues Schulhund-Kompetenzzentrum in Floridsdorf

Die Leitung des Projekts "Schulhund", das vom Burgenland bis nach Salzburg durchgeführt wird, übt Elisabeth Mannsberger - sie ist hauptberuflich als Krankenpflegerin tätig - mit viel Idealismus aus. Der Kostenbeitrag pro Kind beläuft sich auf zwei Euro. Darin ist ein kleines Informationsbüchlein über den Umgang mit Hunden inkludiert. 92 Klassen hat sie gemeinsam mit Daily allein seit Jänner abgeklappert. Eine kleine Anerkennung für das Projekt ist heuer die Nominierung für den Bundestierschutzpreis.

Ein weiterer wichtiger Schritt: Ende Juni wurde das erste Kompetenzzentrum von "Schulhund.at" in Wien-Floridsdorf eröffnet. Der Verein bietet dort künftig vom Unterrichtsministerium anerkannte Eignungstests für Hunde von Pädagogen an, die in der hundegestützten Pädagogik arbeiten und eine entsprechende Ausbildung machen wollen. Ab September wird es zudem Infoveranstaltungen, Schulungen und Hundeführscheinprüfungen geben. Auch Programme für Kinder sind geplant. (Julia Schilly, derStandard.at, 6.7.2012)